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Travemünder Notizen

Heft 4 / 392  Oktober bis Dezember 2022

02. – 04. Juli 2022: Das Neun-Euro-Ticket ist ein Erfolg. Mehr als fünfzigtausend Tickets werden allein in Lübeck vom Stadtverkehr verkauft. Viele Menschen nutzen diese Möglichkeit des günstigen Fahrens bundesweit und benutzen den Öffentlichen Nahverkehr verstärkt. Bei uns in Travemünde merkt man es durch ein erhöhtes Besucheraufkommen durch Tagestouristen.

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Und es gibt noch eine Einladung zur verstärkten Nutzung von Bus und Bahn. Im August 2021 hat die Bürgerschaft beschlossen, einen Modellversuch „Fahrschein gegen Führerschein“ durchzuführen. Im Rahmen dieses zunächst auf 3 Jahre befristeten Versuchs sollen seitens der Hansestadt Lübeck 500 ÖPNV-Jahreskarten (Abo-Monatstickets) der Preisstufe 2 (Preisstufe 3 entfällt ab August) an alle Lübecker Bürgerinnen und Bürger abgeben werden, die im Gegenzug ihre Kfz-Fahrerlaubnis abgeben.

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06. – 11. Juli: Seit 1947 ist die Lübecker Wasserwacht aktiv. Sie ist die älteste Wasserwacht Schleswig-Holsteins. 1948 bekommt sie ihr erstes Motor-Rettungsboot. 1953 bekommt die Wacht einen hölzernen Wachturm auf dem Priwall. In all den Jahrzehnten bis heute haben sich Ausrüstung und Technologie zu Wasser und zu Land stets weiterentwickelt. Die Wasserwacht Lübeck zählt rund 80 ehrenamtliche Mitglieder. Hinzu kommen vier vierbeinige Mitglieder, die Hundestaffel. Sie befinden sich in der Ausbildung zur tatkräftigen Unterstützung der für die besonderen Teilbereiche der Wasserwacht ausgebildeten Retter und Retterinnen. Das Jubiläum wird mit einem „Tag der offenen Tür“ begangen.

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Ein Raser ist mit 193 km/h auf der Bundesstraße unterwegs. Die Polizei stoppt das Fahrzeug am Eingang Travemündes. Dies bringt dem abendlichen Raser auf der B 75 700 Euro Bußgeld und ein dreimonatiges Fahrverbot ein.

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Schon fast eine alte Bekannte. Das Kreuzfahrtschiff „Le Champlain“ läuft wieder Travemünde an. Auf dem Reiseprogramm steht eigentlich: Auf hoher See. Sie kommt von Tallinn und will nach Kopenhagen. Für die Passagiere bleibt aber noch ein ganzer Tag, um sich in Travemünde und Lübeck umzuschauen.

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20. – 21. Juli: Ein Stand-Up-Paddler wird auf einen im Wasser treibenden leblosen männlichen Körper aufmerksam. Ein sofort eingeleiteter Reanimationsversuch, auf dem Board und dann auch durch weitere engagierte Ersthelfer am Strand, bleibt erfolglos. Der Mann verstirbt. Seine Identität und die Ursache können nicht gleich geklärt werden. Ohne jeglichen Respekt und Pietät vor dem Opfer, filmen Menschen die verzweifelten Versuche sein Leben zu retten.

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Fährt man von Travemünde in die Stadt, merkt man einen deutlichen Temperaturunterschied. Bei uns am Strand rund 30 Grad Wärme und ein leichter Windhauch. In der Stadt knapp vor der 40 Grad Marke, 39,6 Grad und stehende Luft. Es gibt wenig Einsätze der Rettungskräfte bezüglich wetterabhängiger Ereignisse. Alle passen sich so gut wie möglich den Witterungsbedingungen an.

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Auf seiner Tour durch Schleswig-Holstein macht der Dialog-Bus des NDR am Leuchtenfeld Halt. Das Motto lautet: Lasst uns reden. Travemünder und Travemünderinnen bekommen Gelegenheit dem NDR mitzuteilen, was sie sich von ihm wünschen. Was sie am Programm und an der Berichterstattung mögen – und was nicht! Das möchte der Rundfunksender mit der Aktion „NDR im Dialog“ herausfinden.

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22. – 26. Juli: Die 133. Travemünder Woche ist eröffnet. 1500 Seglerinnen und Segler aus 28 Nationen gehen in zwölf internationalen Meisterschaften an den Start. Das Landprogramm ist reduziert worden. Für jeden ist dennoch etwas dabei. Das Programm soll mehr maritimes Flair bekommen. Die „Passat“ wird wieder ins Licht gerückt. Licht und Laser illuminieren die Viermastbark.

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Vermutlich löst der Wurf einer Frisbeescheibe durch ein Kind am Grünstrand eine unübersichtliche Verbalattacke zwischen vielen erwachsenen Besuchern und Besucherinnen aus, die dann in ein Handgemenge zwischen elf Erwachsenen ausufert. Dies erfordert den Einsatz mehrerer Polizisten und Polizistinnen vor Ort. Es kommt zu leichten Verletzungen in der sich prügelnden Personengruppe. Die Polizeikräfte sprechen einen Platzverweis gegen eine hamburgische Besuchergruppe aus und leiten Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzungen ein.

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Seit circa 400 Jahren liegt unter der Fahrrinne der Trave in etwa elf Meter Tiefe ein Wrack eines Handelsschiffes aus der Hansezeit. Jahrhunderte fahren Schiffe darüber hinweg, der Untergrund verändert sich langsam. Bei Messungen des Wasser  und Schifffahrtsamtes, welche regelmäßig durchgeführt werden, geschieht das kaum Glaubbare: Die Entdeckung! Der Boden weist unebene Stellen auf. Taucher steigen im August 2021 hinab und führen Untersuchungen durch, nehmen Proben. Wissenschaftler der Christian-Albrechts-Universität und Archäologen der Oberen Denkmalschutzbehörde Lübecks untersuchen diese. Man kommt zu dem Schluss, dass es sich bei dem Schiff um eine Fleute oder Galiot handeln muss. Es hat einen großen Teil seiner Ladung wohl noch an Bord. Dies lässt vielleicht Rückschlüsse auf die damaligen Vorgänge zu. Im Archiv der Stadt gibt es vielleicht auch aufgrund von Dokumenten aus dem Jahr 1680 eine Ergänzung dazu. Zurzeit wird ein Bergungskonzept erstellt.

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28. – 31. Juli: Und noch ein Kreuzfahrtschiff läuft wieder unseren Hafen an, die „Star Legend“. Fast ein Programmpunkt zur Travemünder Woche. Denn die Besucher und Besucherinnen der Travemünder Woche können in der ersten Reihe erleben, wie ein 159,00 m langes und 19,00 m breites Schiff sich an den Ostpreußenkai legt.

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Ingeborg Grunau wird 100 Jahre alt. Sie blickt auf ein bewegtes Leben zurück. Mit ihrem Mann zusammen betreibt sie jahrzehntelang seit 1961 das „Parkhotel Travemünde“ und seit 1970 die „Villa Daheim“. Eine Zeit lang findet sie noch Freiraum für die Mitarbeit im Seniorenbeirat. Ebenso ist sie Mitglied im Gemeinnützigen Verein zu Travemünde. Vor acht Jahren geht sie erst im Alter von 92 Jahren in den Ruhestand. Bis dahin leitet sie noch selbst die „Villa Daheim“. Das Hotel hat inzwischen der Sohn übernommen. Sie zieht in das Wohnen mit Service der Vorwerker Diakonie am Dreilingsberg ein. Vorgenommen hat sie sich, den 100sten zu feiern. Der Plan geht auf, und sie feiert diesen Geburtstag im Kreise der ganzen Familie und mit Freunden.

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Das nächste Kreuzfahrtschiff hat seinen Besuch in Travemünde noch viel besser terminiert. Die Passagiere der „MS Europa“ können an der Abschlusszeremonie der Travemünder Woche live teilnehmen. Der Passat Chor singt dem Schiff seinen Abschiedsgruß und die „MS Europa“ läuft nach dem Abschlussfeuerwerk der Travemünder Woche aus.

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Rund 500.000 Menschen haben die Travemünder Woche dieses Jahr besucht. Eine Großveranstaltung von der Polizei und Bundespolizei sagen, dass sie friedlich verlaufen ist. Auch die Veranstalter sind zufrieden.

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03. – 15. August: Wieder kommt es zu einem Badeunfall. Eine Mutter meldet ihren Sohn als vermisst. Er ist vom Steg gesprungen und nicht wiedergekommen. Die Seenotretter, die DLRG, die Wasserschutzpolizei und der Rettungsdienst sind alarmiert und rücken aus. Der Rettungshubschrauber kommt ebenfalls. Entwarnung: Der Junge wird an Land gesund aufgefunden. Die Entwarnung ist kurz. Badegäste entdecken einen leblos treibenden Körper auf dem Wasser. Sie bringen ihn ans Ufer. Die schon vor Ort anwesenden Rettungskräfte können sofort reanimieren. Der junge Mann kommt vorsorglich ins Krankenhaus. Alles ist gut ausgegangen. Diesmal verhalten sich auch alle anwesenden Badegäste verantwortlich und respektvoll. Man hält Abstand und einige schirmen mittels Handtüchern das Rettungsgeschehen ab.

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Ein Thema was alle beschäftigt: Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Auch die sonnigen Sommertage und auch die stattfindenden Veranstaltungen können die Gedanken an diesen Krieg nicht verbannen. Und das ist auch gut so. Ein Zeichen der Solidarität. Wir vergessen nicht, was relativ unweit von uns geschieht. Nun hat dieser Krieg auch Auswirkungen auf unsere Energieressourcen. Mit Gas und Strom muss sparsam umgegangen werden. Das gilt aber nicht nur für die privaten Haushalte. Auch die öffentliche Hand muss sich dringend etwas einfallen lassen. Die Stadt nutzt nun alle Möglichkeiten, die ihr im Rahmen der Gesetze zur Verfügung stehen. Unter vielem Anderen zum Beispiel die Verkürzung der Heizperiode in den Verwaltungsräumen und die Absenkung der Raumtemperaturen in den Büros. Die öffentlichen Gebäude werden nicht mehr angestrahlt. Auch Temperaturabsenkungen in Hallenbädern. Die Straßenbeleuchtung wird morgens früher ausgeschaltet und abends später eingeschaltet, in der Nacht von 23 bis 5 Uhr wird die um 30 Prozent leistungsreduzierte Beleuchtung beibehalten. Die Umstellung auf LED wird verstärkt.

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17. – 27. August: Ablandiger Wind, Gewitterwarnung und beginnende Dunkelheit. Eine hilflose Person auf einem Badeponton vor Niendorf. Ein junger Mann kommt nicht mehr ohne Hilfe an Land. Die „Erich Koschubs“ läuft aus. Mittels Suchscheinwerfern entdeckt sie die Badeplattform und den darauf liegenden Mann. Er wird aufgenommen und an Land den dort wartenden Rettungskräften übergeben. Es geht alles gut.

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Folgenschweres Wendemanöver. Der Kraftfahrer eines Sattelzuges aus Lettland wendet auf der Skandinavienallee. Ein hinter ihm fahrender LKW kann eine Kollision nicht verhindern. Folge: Die Straße ist zeitweise voll gesperrt. Vier Stunden später gilt wieder freie Fahrt. Personen kommen nicht zu Schaden. Ein Umweltschaden durch austretenden Kraftstoff kann durch ein schnelles Eingreifen der Feuerwehr verhindert werden.

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Unfreiwilliger Besuch der Marine am Ostpreußenkai. Die Korvette Oldenburg macht fest. Auf See hat ein Brand an Bord beim Löschen zu Rauchgasverletzungen von Marinesoldaten geführt. Diese werden ins Krankenhaus eingeliefert.

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Es wird viel über die Einsätze der DGzRS geschrieben. Nun können Travemünderinnen und Travemünder sich beim „Tag der offenen Tür“ ein Bild von der Vielfältigkeit und der Leistungsfähigkeit, sowie der Einsatzmöglichkeiten der Retter und Retterinnen machen. Es finden u. a. Vorführungen von verschiedenen Übungsszenarien der Seenotretter mit dem Travemünder Seenotrettungsboot ERICH KOSCHUBS und den Rettungseinheiten der Nachbarstationen statt. Auch Decksbesichtigungen der Boote und des Kreuzers gibt es. Auf der Priwallfähre „Berlin“ können die Besucherinnen und Besucher eine Rettungsübung mit einem Helikopter vom Wasser aus verfolgen. Der Seenotrettungskreuzer FELIX SAND aus Grömitz kommt zu Besuch und nimmt an den Vorführungen teil.

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09. – 15. September: Die „DAVC 7-Türme-Veteranen-Fahrt“ findet wieder statt. An die 45 Fahrzeuge nehmen teil. Es sind Fahrzeuge der Jahrgänge 1928 bis 1998 dabei. Die überaus sehr gut gepflegten und gehegten Fahrzeuge werden in den Pausen von Vielen beäugt. Viele Zuschauerinnen und Zuschauer geraten ins Schwärmen. Es ist die 28. Rallye ihrer Art. Sie startet in Lübeck am Rathaus und endet im Brügmanngarten. Veranstaltet wird die Rallye vom Deutschen Automobil-VeteranenClub, Landesgruppe Ostsee. Die Landesgruppe hat sich 1979 gegründet. Gründungsmitglieder waren zwölf Lübecker Veteranenfreunde zusammen mit weiteren dreizehn Oldtimerenthusiasten.

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Der Sommer ist langsam zu Ende. Viele ziehen Bilanz. So auch die DRK-Wasserwacht. Für die ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen ist Saisonende. An 125 Tagen sind insgesamt 89 Kräfte im Einsatz gewesen. Vom Zeckenbiss, zugezogenen Schnittwunden, unglücklichen Begegnungen mit Feuerquallen bis hin zu Kreislaufproblemen, um nur einiges zu nennen, ist alles dabei gewesen. Obwohl der Sommer ausgesprochen viele Sonnentage hat, bleiben die Einsätze überwiegend relativ einfach. Aber auch einige kritische Fälle gibt es. Das geht dann Hand in Hand mit den Besatzungen der Rettungswagen und/
oder einem Notarzt. Die Ehrenamtlichen kommen insgesamt auf achttausend Stunden Wachdienst auf dem Priwall.

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Umsichtige Segler bemerken die Notlage eines vor Anker liegenden Einhandseglers, welcher reglos an Deck liegt. Sie benachrichtigen sofort die Zentrale der DGzRS. Das Boot der Station Travemünde macht sich umgehend auf den Weg. Die Rettungsleitstelle See hat einen medizinischen Arbeitsplatz. Dort sind immer medizinisch erfahrene Kräfte, die per Telefon Anweisungen zur Erstversorgung geben können. Diese geben den Seglern vor Ort Anweisungen. Dann übernimmt die Besatzung der „Erich Koschubs“. Die Schifffahrt auf der Trave wird über den Einsatz informiert. Die Wasserschutzpolizei ist auch dabei.

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18. – 29. September: Eine „Neue“ kommt. Die „Baltic Enabler“. Sie ist ein eisgängiges RoRo-Schiff der schwedischen Reederei Wallenius SOL. Mit ihren 242 m Länge und 36 m Breite zählt sie neben ihrem Schwesternschiff, der „Botnis Enabler“, zu den größten eisgängigen Ro-Ro-Schiffen der Welt. Der Tiefgang beträgt 7 m. Sie hat ein Fassungsvermögen von 5.800 Lademetern. Auch sie verfügt über einen LNG-Antrieb. Vorgesehen ist das Schiff für Transportgüter u. a. Stahl, Maschinen, Forstprodukte und auch Teilen von Anlagesystemen. Die Transporte werden zwischen Travemünde, Finnland, Schweden und aber auch Häfen in der Nordsee stattfinden. Dem Anlass des ersten Einlaufens angemessen, wird sie vom Schlepper „Argus“ mit Wasserfontänen begrüßt.

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Für „Schiffegucker“ ist immer etwas los auf unserer Trave und in unserem Hafen. Aber nun geht auch die Saison der Kreuzfahrer zu Ende. Die „Sirena“ ist das letzte Schiff der Saison. Bevor es zu einer ausgiebigen Ostseekreuzfahrt in See geht, kommt die Meerjungfrau bei uns vorbei. Am Ostpreußenkai ist sie wieder, mit ihren eleganten 181 Metern Länge und ihren 30 Metern Breite, ein gutes Fotomotiv für die Sammlerinnen und Sammler von Schiffsaufnahmen.

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Travemünderinnen und Travemünder haben die Gelegenheit auf kurzem Wege eine Sitzung der Bürgerschaft zu besuchen. Diese tagt im Maritim Strandhotel. Unter anderem steht der Haushalt für das Jahr 2023 auf der Tagesordnung.

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Da war doch noch etwas. Corona. Die Stadt verlängert die Allgemeinverfügung zu den Quarantäne-Regeln bis zum 31. Oktober. Infizierte Personen sind verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnisnahme auf direktem Weg in ihre Häuslichkeit zu begeben. Die Anordnung zur Absonderung endet bei nachweislich infizierten Personen automatisch nach fünf Tagen.

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Nun ist der Herbst im Land. Die Blätter färben sich bunt, beginnen zu fallen. Herbstliche Sonne lässt die Bäume bunt strahlen. Am Strand wird es auch bunt. Drachen der verschiedensten Größen, Gestalten, Farben und Ausfertigungen steigen in den Himmel. Das Drachenfest findet statt. Viele Besucherinnen und Besucher, darunter viele Kinder streben an den Strand. Mehr als 50 Drachenkünstlerinnen und -künstler aus ganz Deutschland stellen ihre fantasievollen, oft selbst genähten, Flugobjekte vor und zeigen was sie alles können. Daneben ist aber auch Platz für die vielen kleineren Drachen. Dort gibt es ebenso viele selbstgebaute Modelle zu bestaunen. Auch diese steigen behände bei gutem Wind gen Himmel. Für Klein und Groß ist es ein großer Spaß.

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Sabine Haltern/GVT

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