Aus der Geschichte des Priwalls
Die Geschichte des Namens:
Nach verschiedenen Quellen wird die erste Nennung des Priwalls im Jahr 1926 mit „priwolc“ angegeben. (Siehe u. a. „Reichsfreiheitsbrief“)
Ein anderer Historiker benutzt den Namen „priwole“.
In der weiteren Entwicklung wird dann 1253 der Name „Priwalk“ angeführt, 1283 jedoch „Prewloca“, das ausdrücklich als „portus“ (Hafen) angesprochen wird.
1343 wurde der Priwall dann nachweislich in Urkunden „Prywalke“ genannt.
Fast alle Sprachwissenschaftler sind sich einig, dass der Name „Priwall“ eindeutig slawischen Ursprungs ist und bedeutet „Landenge zwischen zwei schiffbaren Flüssen (Trave und Pötenitzer Wiek).
Ein anderer Forscher meint jedoch, dass es bedeutet „Stelle, wo man Schiffe an Land zieht“, oder ein weiterer „Schleifweg für Schiffe“. Die beiden letzten Erklärungen lassen es möglich erscheinen, dass einmal die Travemündung total zugesandet, also blockiert war, sodass die Schiffe auf ihrem Weg nach Lübeck über den Priwall in die Pötenitzer Wiek gezogen wurden und von dort ihren Weg nach Lübeck fortsetzten.
Eine letzte Meinung ist einfacherer Art: sie besagt, dass die Travemünder Fischer ihre Boote nach erfolgtem Fischfang auf den Priwall gezogen haben und dort lagerten, weil die Liegeplätze an der Vorderreihe ständig durch Handelsschiffe blockiert waren, die nach Lübeck weiter segeln wollten.
Wie man sieht, ist das Namensrätsel bis heute nicht überzeugend gelöst.
1226
Im Juni des Jahres bestätigte der deutsche Kaiser Friedrich II im Reichsfreiheitsbrief auch die Rechte der Stadt an Travemünde, an dem dortigen Hafen und an den umliegenden Ländereien. In dieser Urkunde wird auch die Halbinsel Priwall erwähnt, die seit dieser Zeit zu Lübeck gehört.
„Wir verleihen der Stadt Lübeck weiter die Insel, die der Burg Travemünde (Standort heutiges Kaufhaus Matzen) gegenüber liegt und Priwolc heißt.“
1245
brach die Stauffische Macht im Deutschen Reich zusammen und Lübeck musste versuchen, seine Selbstständigkeit gegenüber den Dänen und dem Holsteinischen Grafen selber zu sichern.
Der Lübecker Rat schloss daraufhin 1247 einen günstigen Vertrag mit den Holsteiner Grafen Johann I. und Gerhard I. Diese wurden als Schirmherren von Travemünde anerkannt.
1247
kaufte die Stadt Lübeck den beiden Grafen die Burg Travemünde und die Ortschaft, sowie die beiden Fähren (Priwall- und Herrenfähre) ab, jedoch mit Ausschluss des Priwalls.
1286
brach eine Sturmflut durch den Nehrungshals des Priwalls und trennte diesen von Mecklenburg ab. So war der Priwall für kurze Zeit eine Insel.
Der neue Zugang zur Pötenitzer Wiek wurde nun ebenfalls von Schiffen benutzt, so dass der Travemünder Hafen zwei Ein- bzw. Ausgänge hatte:„Nota, quod anno domini 1286 in insula priwalk aqua insulam ipsam in uno loco tantum penetraverat, quod portus travene habuit introitus et exitus“.
Die Stadt Lübeck schüttete noch im gleichen Jahr den Durchbruch zu.
1300
Die Holsteiner Grafen versuchten mehrfach, die Rechte der Lübecker zu beschneiden, und die Besitzverhältnisse wechselten ständig zwischen verschiedenen Holsteiner und Mecklenburger Grafen.
1307
Der Besitz des Turms zu Travemünde sowie einer Befestigung auf dem Priwall, die dem Fürsten von Mecklenburg gehörte, stellten für die Lübecker eine ständige Bedrohung dar. Ihr Ziel war die Zerstörung der Burg und die Inbesitznahme des Priwalls als strategische Maßnahme.
1310
verbündeten die Lübecker sich mit dem Herzog Erich von Sachsen, der dem Lübecker Senat versprach, bei der Zerstörung der Befestigungen von Dassow und dem Priwall zu helfen.
13.01.1329
Lübeck hatte jetzt sein Ziel erreicht: Der Holsteinische Graf Johann III verkaufte den Ort Travemünde, die Priwall- und die Herrenfähre sowie die Travemünder Feldmark, die kirchliche Schirmherrschaft und die Gerichtsbarkeit für den Ort für 1.060 Reichsmark.
1332
Immer wieder kam es vor, dass an der mecklenburgischen Grenze auf dem Priwall Befestigungsanlagen oder Burgen von Mecklenburgern erbaut worden sind, sehr zum Ärger Lübecks.
1337
Anscheinend blieb das Problem der Burg auf dem Priwall noch Jahre ungelöst. 1337 wurde wieder eine Burg von den mecklenburgischen Vögten errichtet. Endlich folgte dann der Durchbruch. Der Herzog Albrecht von Mecklenburg versprach dem Rat zu Lübeck, die Burg innerhalb von 4 Wochen abzubrechen, was dann auch geschah und 1343 und 1349 urkundlich besiegelt wurde.
1465
erfolgte der Bau der Südermole, und zwar wurden mit Steinen gefüllte Kästen aus Eichenstämmen vor der Hafeneinfahrt versenkt, um dadurch die zunehmende Verlandung der Hafeneinfahrt zu verhindern. Der angeschwemmte Sand stammte von den Abbrüchen am Brodtener und Mecklenburger Steilufer.
Um diesen Bau finanzieren zu können, wurden Zölle für die ein- und auslaufenden Schiffe erhoben.
1505
begann eine lübisch-mecklenburgische Fehde. Drei betrunkene mecklenburgische Bauern bepöbelten Lübecker Ratsherren, die den Traveverlauf bei Dassow besichtigen wollten. Sie ließen zwei der Bauern für kurze Zeit gefangen nehmen und ließen sie erst nach geraumer Zeit wieder laufen.
Daraus entwickelte sich dann ein Streit zwischen der Stadt Lübeck und den Mecklenburgischen Herzögen, der noch größere Kreise ziehen sollte.
Die Mecklenburger legten darauf bei Dassow eine Schanze an, woraufhin die Lübecker über den Priwall nach Mecklenburg einfielen.
Erst am 15.7.1508 kam es zum Friedensschluss. Die Lübecker erhielten ihre Rechte bestätigt (u.a. Fischereirechte auf dem Dassower See) und durften den befestigten Priwall behalten. Dort hatten sie eine mit Faschinenwerk umgebene Festungsanlage errichtet.
1593
Tatsächlich war die Grenze zu Mecklenburg auf dem Priwall nicht klar definiert, zumal der Mecklenburgische Herzog immer wieder die Oberhoheit über den Priwall beanspruchte, was Lübeck immer wieder aufgrund seiner mittelalterlichen Privilegien zurückwies.
Beide waren jedoch nicht in der Lage ihre Forderungen durchzusetzen, sodass beide den Priwall als Weidefläche nutzten. Jahrelang beschäftigte man sich mit dem Problem.
1596
beschlagnahmte der mecklenburgische Adelige Daniel von Buchwald drei Lübecker Viehherden auf dem Priwall und wollte diese ohne ein Lösegeld nicht wieder zurückgeben.
Der Lübecker Rat protestierte, konnte jedoch nichts ausrichten, verfügte aber, sobald von Buchwald lübsches Gebiet betreten, man ihn sofort festnehmen sollte.
Zwei Jahre später bot sich die Gelegenheit und von Buchwald wurde in Lübeck inhaftiert, konnte aber wenig später fliehen.
1733
Sehr wichtig war die Fähre zwischen dem Priwall und Travemünde, über die der Weg nach Mecklenburg führte, die bereits 1253 urkundlich erwähnt wurde. Besonders häufig wurden Lebensmittel per Fähre nach Travemünde eingeführt.
Die Fähre war dem Stadthauptmann von Travemünde unterstellt, der in der Alten Vogtei residierte. Er betrieb die Priwallfähre, durfte die Fährgebühren kassieren, musste aber auf der anderen Seite das Fährpersonal entlohnen und für den ordnungsgemäßen Betrieb der Fähre inkl. Reparaturen sorgen.
Da es mehrfach zu Beschwerden wegen der Fährgebühren gekommen war, wurden diese ab dem 12.3.1733 urkundlich von Lübeck festgelegt. Es wurde zwischen Fußgängern, Wagen, Pferdeanzahl, Ladung, Tieren, sowie zwischen Sommer- und Winterbetrieb unterschieden.
1745
kam es zu einer Grenzprovokation an der Priwall-Grenze. Auf Mecklen-burger Seite wurde an der engsten Stelle des Priwalls eine Baracke errichtet, in der einige bewaffnete mecklenburgische Soldaten Stellung bezogen. Daraufhin errichteten auch die Lübecker ein Holzhaus 200 m von der Mecklenburger Baracke entfernt, rund um die Uhr besetzt mit jeweils einem Soldaten, ständig in Alarmbereitschaft, mit entsichertem, schussbereiten Gewehr.
Der Senat wies den Kommandanten der Travemünder Festung an, die „Postierung“ solange aufrechtzuerhalten, bis das mecklenburgische Wachthaus aufgegeben wurde. Erst dann sollte auch die lübsche Hütte abgerissen werden.
1758
Es kam häufiger vor, dass bei Sturm Schiffe auf der Plate vor der Travemündung, auf dem Priwall oder an der mecklenburgischen Küste strandeten. Die Schiffe galten dann als Strandgut, und Arbeitsleute aus Travemünde und Fischer konnten sich bedienen.
Um Plünderungen zu verhindern, sollten lübsche Soldaten vom Senat abgestellt werden, die das Strandgut bewachen sollten. Wegen der ungeklärten Hoheitsrechte auf dem Priwall kam es dazu jedoch nicht, und so bewachten dann die Travemünder Lotsen das Strandgut. Die geborgenen Sachen wurden in die Zitadelle nach Travemünde geschafft.
1763
hatten die Bediensteten des Gutes Johannestorf am Dassower See eine Hütte für die Hirten ihres Viehes auf dem Priwall errichtet. Schon wieder hagelte es Proteste des Lübecker Senats beim Mecklenburgischen Fürsten. Die Hütte wurde umgehend abgerissen.
1780/81
Die Errichtung einer Holzbretter-Hütte nahe des Fähranlegers auf der Priwallseite löste umgehende diplomatische Aktionen aus. Die ungeklärten Hoheitsverhältnisse verhinderten bisher den Bau eines Unterstandes zum Unterstellen der Reisenden bei schlechtem Wetter, wenn sie auf die Fähre warteten.
Als der Lübecker Bauhof dann die Hütte errichtete, kam es sofort zu einem Protest des Mecklenburgischen Grafen. Auf Grund dieses Protestes musste der Travemünder Stadthauptmann als Fährbetreiber den Unterstand wieder abreißen lassen.
1803
nahm der Streit um den Priwall ein Ende. Die Herzöge von Mecklenburg verzichteten auf ihre Priwallansprüche und erhielten dafür die Hoheit über einige Dörfer, die zuvor zum Lübecker Heiligen Geist-Hospital gehörten. Im März 1803 wurden die Grenzsteine auf dem Priwall gesetzt. 1862 kam es dann zu einer endgültigen Festsetzung des noch einmal korrigierten Grenzverlaufs.
1806
wurden Lübeck und Travemünde von Truppen des französischen Kaisers Napoleon eingenommen, die unter dem Oberbefehl von Marschall Bernadotte standen, dem späteren schwedischen König.
1813
Am Ende der französischen Besatzungszeit in Travemünde zerstörten die Franzosen an Michaelis das vom Zimmermeister Christoph Henck auf dem Priwall an der Fähre erbaute Wirtshaus. Henck erhielt einen neuen Pachtvertrag vom Lübecker Senat nach dem Abzug der Franzosen.
1815
Auf dem Priwall begannen erste Versuche einer Aufforstung. Laut eines Gutachtens des Lübecker Forstamtes eignete sich nur der mittlere Bereich der Halbinsel dafür. 1821 kam es zu ersten, nicht befriedigenden Versuchsanpflanzungen. 1826/27 wurden weitere Tannen-, Birken- und Erlenanpflanzungen auf der Südseite des Priwalls durchgeführt, die jedoch auch ohne Erfolg blieben.
12.08.1826
Nachdem der Böttchergeselle Wilhelm Henckhaus beim Baden auf dem Priwall ertrunken war, wurde ein generelles Badeverbot im Hafenbereich bis zum Süderbollwerk (heutige Südermole) ausgesprochen.
1830
wurde das verfallene hölzerne Süderbollwerk durch einen steinernen Neubau ersetzt. Die Steine wurden von sogenannten Steinfischern angeliefert, die die Findlinge vor dem Brodtener Steilufer und vor der mecklenburgischen Küste aus dem Meer geborgen hatten. Die neue Südermole war nun 1.040 Fuß lang. Auf ihrer Spitze wurde eine Signalbake sowie eine Seilwinde errichtet, mit der auf der Plate festgefahrenen Schiffe in die Hafeneinfahrt gezogen werden konnten.
1832
wird bereits von einer „Chausseeordnung“ für einen „Weg“ über den Priwall nach Dassow und ins Mecklenburgische gesprochen. Dieser Weg war „chausseegeldpflichtig“, der Verlauf aber noch nicht festgelegt, wie die Klagen der Weideberechtigten aus dem Jahr 1838 zeigen. Diese beklagten ebendieses Fehlen eines eingezäunten Weges, wodurch sämtliche Fuhrwerke eigene Fahrspuren, zum Teil über die Weiden der Weideberechtigten wählten.
Erst 1846 wurde ein fester Weg über den Priwall nach Dassow angelegt. 1863 wurde diese zur „Landstraße“, 1864 zur „Chaussee“. Die Aufsicht über diese sowie für das Kassieren des „Chausseegeldes“ oblag dem Pächter der Priwallfähre. 1909 wurde diese Straße „Dassower Chaussee“ genannt. Erst in den frühen 20er Jahren setzte sich die Bezeichnung „Mecklenburger Landstraße“ durch.
1834
wurde im späteren Bereich der Mittelfähre der sogenannte Kohlenhof eingerichtet. Die dort gelagerte Steinkohle diente zur Befeuerung der Dampfschiffe der St. Petersburger Dampfschiffahrtslinie, die regelmäßig Travemünde anliefen.
Auf dem Gelände wurden auch ein Aufenthaltspavillon für die Fährleute der Mittelfähre sowie Lagerhallen errichtet.
Ab 1938 wurde dort die Kohle für die Lübeck-Stockholmer Dampfschiffahrtsgesellschaft gelagert.
1836
Nach dem Vorschlag vom Lübecker Forstinspektor Witthauser wurden auf dem seiner Meinung nach für land- und forstwirtschaftlichen Anbau völlig ungeeigneten Priwall Pappeln und Weiden angepflanzt. Erst ab 1860 bis 1890 erfolgte eine planmäßige Aufforstung des bis dahin nahezu baumlosen Priwalls.
1838
Gastwirt Meinecke erbaute in der Nähe der Priwallfähre ein neues zweigeschossiges Wirtshaus mit W irtschaftsgebäuden.
Jahre später übergab er die Wirtschaft seinem Schwiegersohn Otto Heinrich Böther, der zugleich Pächter der Fähre war.
1839
Der Fährpächter Johann Hinrich Buhse erhielt die Genehmigung, in der Sommersaison „Badegäste während der Badezeit ohne Bagage und Sachen gegen Bezahlung eines Fährgeldes“ hin- und zurück zum Städtchen zu rudern.
18.11.1840
Der Senat genehmigte die Errichtung einer Heringssalzerei mit Räucherei auf dem Priwall, „dicht an der Pötenitzer Wiek“. Der Lübecker Kaufmann Johann Gottfried Krueck pachtete dieses Gelände für 10 Jahre.
Er ließ darauf ein 106 Fuß langes, 41 Fuß breites und und 9 Fuß hohes Fachwerkgebäude errichten (L 31,80 m, B 12,30 m, H 2,70 m).
Am 20.2.1843 ging das Geschäft an Adolph Heinrich Haacker über, der jedoch 1848 in Konkurs ging. Das Gebäude wurde am 3.7.1850 versteigert. Da das Gebäude 1878 bei der Anlage des Katasters für den Priwall nicht mehr auftaucht, geht man heute davon aus, dass das Gebäude der Überflutung des Priwalls 1872 zum Opfer fiel.
1845
wurde die Priwall-Hauptfähre von der Stadt übernommen und anschließend weiter verpachtet. Der Fährprahm wurde mittels eines starken Fahrseils über die Trave gezogen.
Regelmäßig kam es vor, dass das Fährseil durch die Schiffsanker zerrissen wurde.
1846 kam dann die sogenannte „Kohlenfähre“, als „Mittelfähre“ dazu.
1846
Die neue Fährordnung löste die alte, am 23.4.1788 erlassene Ordnung ab.
24.07.1847
Die Travemünder „Bade-Direction“ teilte mit, dass ab dem 24.7. eine „zweite wohlfeilere Badeanstalt in der Kunkel auf dem Priwall“ eröffnet werden sollte.
Der Preis für das Bad betrug 6 Schilling inkl. Nutzung eines Badekarrens.
Der Pächter der Badeanstalt auf dem Festland, Heinrich Behrens, verlangte für die Einrichtung durch ihn auf dem Priwall, dass „ihm keine Konkurrenz gemacht würde und die Stadt ihm das garantiere“. Der Senat lehnte dies ab. Behrens nahm seine Forderung zurück und erhielt am 21.6.1847 „in der Entfernung von 1.200 Fuß vom Süderbollwerk (Südermole) eine 1.200 Fuß lange Strecke zu dem angegebenen Zwecke“ zugewiesen.
„Die neue Badeanstalt auf dem Priwall hatte sich in den ersten Saisons niemals eines lebhaften Besuches zu erfreuen“, so die Lübecker Zeitung. Wofür es mehrere Gründe gab: schlechtes Wetter, eine sehr unangenehme Überfahrt und „gänzlicher Mangel an Schatten auf dem Priwall, dazu die höchst primitiven Badeeinrichtungen, die nur in der Aufstellung von drei Badekarren bestanden, vor allem aber der Umstand, dass im Jahre 1851 am Festlandstrand Badehütten für 8 Schillinge eingerichtet wurden.“
In den Jahren 1849/50 wurden „gar keine Badeeinrichtungen auf dem Priwall getätigt“.
Ein erneuter Versuch 1879 scheiterte an den zu unterschiedlichen Vorstellungen der beteiligten Parteien.
04.10.1848
Nachdem in Lübeck die Cholera ausgebrochen war, wurde am 3.10. der erste Cholerafall in Travemünde bekannt, der Tod des Erkrankten einen Tag später. Sofort wurde auf dem Priwall ein Cholera-Krankenhaus eingerichtet, u.a. auch für die von See kommenden Kranken. Zwischen dem 29.9. und 29.10. verzeichnete man 53 Kranke, von denen 13 starben.
17.06.1861
Der Wirt J. Boether auf dem Priwall beantragte beim Amt „ein Topfschlagen für Dienstmädchen, verbunden mit Tanz“ veranstalten zu dürfen.
Bis zum Jahre 1856 hatte das alljährlich auf dem Priwall am Strand stattgefunden. Dasselbe ist von den Mädchen veranstaltet worden, „welche im Sommer auf dem Priwall weidendes Vieh zu melken hatten“. Da es in den letzten Jahren immer weniger Melkmädchen auf dem Priwall gab, fand daher kein Fest statt, was sich nun jedoch ändern sollte.
Das Lokal auf dem Priwall hatte anscheinend einen hervorragenden Ruf: „Von allen drei Tanzböden ist unter der weiblichen dienenden Classe das Böthersche das beliebteste, seitens der Dienstherrschaften das gefürchteste.“
Der Amtsverwalter listete in einer Stellungnahme die Möglichkeiten zum Tanz auf: „Im Winterhalbjahr fänden allsonntäglich abwechselnd beim Wirt Thiel und dem Branntweinbrenner von Qualen Tanzlustbarkeiten für die gedachte Classe von Leuten statt.“ Im Sommer jeden Sonntag zugleich und zudem auch bei J. Böther auf dem Priwall jeweils bis 10.30 Uhr abends. Dazu kamen noch Bälle, die gegen Gebühr und Erlaubnis bis in den Morgen gegen 5/6 Uhr andauerten, sowie an jedem Jahrmarktstag bei allen Wirten Es gab demnach genügend Vergnügungsmöglichkeiten für das Dienstpersonal. Der Antrag wurde abgelehnt.
Die Knechte ihrerseits hatten ein eigenes anderes „Vergnügen“: sie organisierten für sich das Ringreiten, dass der Müller in Gneversdorf veranstaltete.
16. Juli 1862
Der Senat der Hansestadt Lübeck beschloss die Anlegung einer guten Fahrstraße über den Priwall. Von der Fähre bis zur Landesgrenze von Mecklenburg gab es nur einen unbefestigten Hauptweg, dessen Verlauf sich jedoch ständig veränderte. Forstinspektor Witthauer hatte dies bereits ausführlich 1836 geschildert, doch seitdem hatte sich überhaupt nichts geändert: „Jetzt ist die Passage über den Priwall, namentlich im Dunkeln, wahrhaft fürchterlich. Man muss, wie es dem Verfasser dieser Zeilen vor mehreren Jahren begegnet ist, an einem stürmischen December-Abend bei heftigem Schneegestöber von Mecklenburg nach Travemünde wollen, durchnässt bei Henk angekommen, und durch die Nachricht, die Fährleute setzten bei einem solchen Wetter auf keinen Fall über, in die Alternation versetzt werden, entweder in Henks schmutziger Behausung zu übernachten oder in dunkler Nacht wieder nach Mecklenburg zurückkehren zu müssen, um ganz das Grässliche dieser Passage über den Priwall für Andere unter leicht noch ungünstigeren Umständen beurtheilen zu können. Kein Baum, kein Strauch, selbst nicht einmal Pfähle, wie in der verrufenen Lüneburger und Segeberger Heide, deuten den Weg an, sondern stets ist man im Dunkeln in Gefahr, entweder in eines der tiefen Wasserlöcher zu stürzen oder an einem der vielen Hügel umgeworfen zu werden, oder doch wenigstens stundenlang umher zu irren.“
1865
Der Besitzer der Seebadeanstalt auf dem Festland unterhielt auf dem Priwall in der Kunkel ein „billiges“ Seebad, das %#132;verschiedentlich Gegenstand amtlicher Thätigkeit und Untersuchungen war“. Mehrfach wurde das Seebad „auf einen ordentlichen Betrieb hin“ kontrolliert.
07.03.1872
Beim Baden in der Nähe des Süderbollwerks auf dem Priwall ertrank am 3.Juli der Bäckergeselle Brüggemeier aus Cloppenburg. Daraufhin wurden erstmals für den Priwall strenge Badevorschriften erlassen.
„Zur Verhütung von Unglücksfällen beim Baden wurde dem Besitzer der Badeanstalt eine Reihe von Maßregeln, wie Anstellung eines zahlreicheren Aufsichtspersonals, Abgrenzung eines Badeplatzes für die des Schwimmens Unkundigen u.s.w. vorgeschrieben und auf deren Befolgung strenge geachtet.“
12./13.11.1872
Bei der verheerenden Sturmflut, die Travemünde heimsuchte, wurde auch der Priwall großflächig überschwemmt und dort viele Zerstörungen angerichtet.
1873
verpachtete das Amt in Lübeck einem Interessenten eine Parzelle auf dem Priwall und „ward auf Ansuchen der Pachtkontrakt zum Zwecke einer Spargelcultur auf 12 Jahre mit Genehmigung des Finanzdepartements prolongiert“. Im folgenden Jahr sind 195 Parzellen für Kleingärtner auf dem Priwall neu verpachtet worden.
1878
Der Priwall wurde zunehmend als Badebereich erschlossen. Der Wirt J. Böther stellte einen Antrag auf „Überlassung eines Platzes auf dem Priwall“ zur Erbauung eines Verkaufspavillons. Man vermietete ihm diesen Platz. Gleichzeitig hat der Lübecker Kaufmann F. Ewers beim Amt die „Überlassung einer Strecke des Priwall-Strandes zur Aufstellung von Badekarren“ beantragt, dazu lag jedoch keine Entscheidung des Senats vor.
08.12.1881
Ein Großprojekt für den Priwall, das bereits zur Badesaison 1882 eröffnet werden sollte, scheiterte. Für Familien zur Erholung sollte nach einem Plan des Kaufmanns H.P.Fr. Ewers eine Badeanstalt zweiten Ranges mit der Herstellung von Bassinbädern für Damen und Herren sowie ein Logierhaus mit mindestens 40 Stuben sowie Gartenanlagen auf dem Priwall nahe der Mecklenburgischen Grenze entstehen. Das über 6 Hektar große Gelände konnte gegen Erbpacht genutzt werden.
21.04.1883
Im kleinen Saal des Casinos in Lübeck trafen sich einige interessierte Pferdesportliebhaber, darunter der k.k. österreichische Konsul Hermann Fehling und Senator Eschenburg, um den „Lübeck-Travemünder Rennclub“ zu gründen. Ziel des Vereins war die „Förderung der Lübeck-Travemünder Pferderennen im Besonderen und des Sports im Allgemeinen“.
Als Austragungsort der geplanten Rennen hatte man das Strandgebiet auf dem Priwall unmittelbar hinter der Südermole ins Auge gefasst. 1884 fanden dann am 27. und 28.7. die ersten Pferderennen statt, die zu einer jährlichen Einrichtung unter Beteiligung tausender Schaulustiger und Galoppsportfreunde führte. 1904 wurden für die Renntage speziell angefertigte zerlegbare Holztribünen angeschafft.
15.08.1886
Auf dem Priwall fand von 11-14 Uhr ein Pferderennen „ohne Unglück noch Störung“ statt. Etwa 500 Zuschauer hatte der Fährpächter Kolz mit seinen Booten auf den Priwall gebracht.
1892
Im Herbst wurde an der engsten Stelle des Priwalls, dem „Hals“, ein Damm nördlich der Landstraße entdeckt, der 100 m lang und 12 m breit war. Er bestand aus Seegras, das mit Sand beschwert war. An den Außenkanten zur See hin lagen größere Findlinge als Schutz vor dem Wellenschlag. Der Damm schloss einen in Folge einer Sturmflut 1286 entstandenen Durchbruch zwischen Ostsee und Pötenitzer Wiek (siehe 1286). Der alte Damm wurde mit Sand überdeckt.
15.06.1898
Ab diesem Tag bis zum 15.8. verkehrte zum ersten Mal die sogenannte „Norderfähre“ vom neuen Lotsenhafen am Leuchtturm aus zum Priwall. Dazu mussten neue Fährstege angelegt werden. Die Personen wurden mit einem Ruderboot Übergesetzt. Erst 1912 wurde der Saisonbetrieb mit einem Motorboot aufgenommen.
1900
Die Badeanstalt auf dem Priwall wurde erneut in Richtung Mole verlegt.
1904
An der Rennbahn auf dem Priwall ließ der Lübeck-Travemünder Rennklub neue feste Zuschauertribünen aus Holz errichten.
Erstmalig ist ein Motorboot auf der Mittelfähre vom Kohlenhof auf dem Priwall zur Vorderreihe zum Hotel & #132;Deutscher Kaiser“ eingesetzt worden. 1911 kam ein weiteres Boot dazu. Beide Boote wurden 1915 verkauft.
Nach dem 1. Weltkrieg taten ab 1922 zwei offene Motorboote ihren Dienst an, die wiederum 1928 und 1933 durch Motorbarkassen ersetzt wurden.
1905
wurde der hölzerne Restaurationspavillon der Stadt auf dem Priwall abgebrochen und durch ein Restaurationszelt neben der Rennbahn ersetzt.
In diesem Jahr verlegte Schlichting seine Werft vom gegenüberliegenden Gelände an der Siechenbucht auf den Priwall, südlich des Fähranlegers. Die Werft vergrößerte sich im Laufe der Zeit.
1909
Nachdem ein erster Bebauungsplan für den Priwall verabschiedet worden ist, meldeten sich Kaufinteressenten für einige Grundstücke.
1909 kaufte als erster der Seemaschinist Heinrich Klatt eine Parzelle. 1911 waren es neun Käufer, darunter Charles Coleman, Chef des Lübecker General-Anzeigers (später LN), der einen Bauplatz zur Errichtung eines Ferienheimes an der Dassower Chaussee (später Mecklenburger Landstraße) im Juni erwarb.
1911
Der neue „Concours Hippique“ auf dem Leuchtenfeld war für Polo-Turniere zu klein. Der Lübeck-Travemünder Rennclub beantragte daher Ende 1910 die Anlage eines Poloplatzes auf dem Rennbahn-Gelände auf dem Priwall. Dazu musste Mutterboden für die Rasenanlage aufgetragen werden.
Der Senat bewilligte die dazu benötigten Gelder, und der Poloplatz konnte angelegt werden.
Schlichting kauft das 6.470 qm große Grundstück, auf dem sich seine Werft befindet. Bisher war das Gelände von ihm von der Stadt gepachtet worden.
1912
durften auf dem Priwall zum ersten Mal private Strandkörbe aufgestellt werden. Zusätzlich entstanden privat sogenannte „Strandhütten“, die offiziell als „Unterstellhütten“ galten, da Wohnen und Übernachten auf dem Priwallstrand grundsätzlich verboten war.
Zum 1. Juni wurde rechtzeitig zum Beginn der Sommersaison ein Familienbad mit anschließendem Damen-und Herrenbad eröffnet, dass die primitive Vorgängeranlage ersetzte. Ein Bademeister und eine Bademeisterin übernahmen die Aufsicht. In der Badeanstalt konnten auch Badeanzüge und Badelaken ausgeliehen werden. Fa. Karstadt aus Lübeck lieferte Badelaken und Handtücher mit der eingewebten Beschriftung „Badeanstalt Priwall“, die Fa. Müller aus Lübeck 241 gestreifte Badehosen und 63 blaue Badeanzüge.
Der Priwall wurde als Badeort immer beliebter. 1913 erwies sich die Anlage als zu klein und musste noch einmal vergrößert werden.
24.07.1912
Um 1910 vermehrten sich die Anfragen nach dem Erwerb von Bauland auf dem Priwall. Da weite Teile des Priwalls als hochwassergefährdet eingestuft wurden, kam es zunächst zu keinem Verkauf von Bauland. Erst nachdem die Erhöhung des Nehrungshalses als Schutz vor Überflutung erfolgt war, legte Baudirektor Baltzer im November 1911 einen Bebauungsplan vor. Dieser sah eine Siedlung an der mecklenburgischen Grenze mit Strandpromenade vor. Dieser Plan hatte jedoch keinen Erfolg, stattdessen wurde die Bebauung südlich der Mecklenburger Landstraße vorgesehen.
Das Gesetz wurde am 24.7. 1912 verabschiedet. Auf den Parzellen durften nur freistehende Häuser mit einem Obergeschoss (Sommerhäuser) erbaut werden. Ein Vorgarten war Pflicht. Diese Villenkolonie entwickelte sich jedoch nicht befriedigend. Trotz Herstellung der Stromversorgung auf dem Priwall konnten bis 1920 nur acht Bauplätze verkauft werden. Die Lärmbelästigung des nahen Flughafens und der Flugzeug-Werke sowie der Schlichting-Werft ließen den Standort zunehmend unattraktiver werden.
01.11.1912
Hans Böbs, Bootsbauer in Travemünde, gründete die Fa. Hans Böbs, Yacht- und Bootswerft und schloss am 21.11. einen Vertrag mit dem Senat. Er erwarb ein 4.500 qm großes Grundstück direkt neben der Schlichting-Werft auf dem Priwall südlich der Hauptfähre, um dort seine neue Bootswerft, „die hauptsächlich für den Bau und Ausbesserung von Fischerbooten und sonstigen kleineren Booten bestimmt ist“, anzulegen. Die Werft diente auch als Winterlager für Segelboote.
In diesem Jahr war auf dem Priwall an der Trave – dies nun allerdings nur für die Villenbewohner – ein Yachthafen angelegt worden.
01.02.1913
Der Senat stimmte der Vergrößerung der Damenabteilung der Badeanstalt auf dem Priwall um einen Anbau mit 16 Badekabinen zu. In der Saison 1913 wurden 22.000 Badegäste in der Badeanstalt gezählt.
06.10.1913
Der Kriegerverein Travemünde stellt einen Antrag, einen 300 m langen Schießstand auf dem Priwall zu bauen, um die „Wehrfähighaltung seiner Mitglieder zu ermöglichen und die Vorbereitung junger Männer zum Militärdienst hier ebenso wie an anderen Orten in Lübeck auch betreiben zu können“. Gegen den Priwall als Standort wurden vom Senat schwere Bedenken erhoben. Die Bewohner dort würden schon genügend durch die dortigen Jagdpächter bei ihren Jagden belästigt, außerdem wurde geplant, dort eine Flugzeugwerft und eine Fliegerschule zu bauen. Der Antrag wurde abgelehnt.
Der Lübecker Staat übernahm die große Priwallfähre auf eigene Rechnung. Die Mittel- und Norderfähre blieben verpachtet und verkehrten weiterhin nur in der Sommersaison.
28.02.1914
Ein Vertrag zwischen dem Lübecker Finanzdepartement und der durch den Bauunternehmer Bernhard Meyer von den Deutschen Flugzeugwerken Leipzig neugegründeten „Flugzeugwerft Lübeck-Travemünde GmbH“ auf 5 Jahre leitete den Beginn der Fliegerei und den Bau eines Flughafens auf dem Priwall ein. Zuvor waren Sondierungen vorausgegangen, um einen für das Deutsche Reich geeigneten kombinierten Land- und Seeflugplatz an der Ostsee zu finden. Dem Priwall wurde aus geographischen Gründen der Vorzug gegenüber Warnemünde gegeben. Hier gab die optimale Landemöglichkeit für Wasserflugzeuge auf der genügend großen und mit fast immer ruhigem Wasser aufwartenden Pötenitzer Wiek den Ausschlag für den Zuschlag für Travemünde. Am 9.3.1914 stimmte der Lübecker Senat dem Vertrag zu.
Es entstanden zuerst drei hölzerne Montagehallen, in denen 18 Techniker arbeiteten. Während des 1. Weltkrieges sind hier zahlreiche Militärflugzeuge gebaut worden. Neben der Flugzeugwerft wurde auch eine Fliegerschule eingerichtet, die am 1.8.1914 mit ihrem Ausbildungsprogramm begann.
Am Tag darauf beginnt der 1. Weltkrieg.
1914 standen neben den Gebäuden der Schlichting-Werft, der Flugzeug-Werft und der Rennbahn 19 Wohnhäuser auf dem Priwall. 1925 waren es bereits 28 (mit 37 Haushaltungen und 104 Einwohnern), 1930 dann 46, von denen allerdings nur 22 ganzjährig bewohnt waren. Den Abschluss der bereits 1914 bestehenden Häuser bildeten zwei Heime und ein Gasthof. Bereits um die Jahrhundertwende bestand der langgestreckte, zweistöckige mit Pappe flach gedeckte Bau des Vereins für Ferienkolonien, und zwar ein Kinderheim an der Ecke Mecklenburger Landstraße/Fliegerweg 36. Ein weiteres Heim, das Charles-Colemann Heim, ein Erholungsheim für seine Angestellten, bestand ebenfalls bereits vor dem Ersten Weltkrieg an der Mecklenburger Landstr. 42.
Das Haus, das wohl als erstes an der Mecklenburger Landstraße stand, war „Krügers Gasthof“, Mecklenburger Landstr. 12. Dieser Gasthof war am Ende der 1880er Jahre erbaut worden; der Bau war zweigeschossig, mit Veranda und Balkon.
02.08.1914
Der 1. Weltkrieg begann mit dem Einmarsch deutscher Truppen in Luxemburg ohne vorherige Kriegserklärung.
Auf dem Priwall machten die Vogelschützer mobil und wiesen auf die vielen Nistplätze auf der Halbinsel hin. Sie protestierten gegen die Ausbaupläne für den Flughafen.
Mit der „Etrich-Rumpler-Taube“ startet am 5.6. das erste Flugzeug vom Flugplatz Priwall zu einem Rundflug über das Ostseebad Travemünde.
Seit Januar 1913 liefen die Verhandlungen zur Anschaffung einer neuen leistungsstärkeren Priwall-Fähre, die auch die Caspar-Werke für ihre vielen Mitarbeiter forderten, die zum Dienstantritt vom Festland auf den Priwall über die Trave übersetzen mussten. Das Übersetzen erfolgte immer noch im Handbetrieb und dauerte 15-20 Minuten, je nach den Strömungsverhältnissen.
Eine Kommission von Fachleuten schlug die Anschaffung einer Motorkettenfähre vor, die mit Rohöl betrieben werden konnte. Der Senat bewilligte die Gelder, so dass die neue, 21 m lange, 7 m breite Fähre mit zwei Motoren je 8 PS am 04.07. in Betrieb genommen werden konnte. Die Baubehörde Lübecks wurde als Betreiber bestimmt. Dieser Kettenfährprahm war bis 1934 im Dienst und wurde danach durch ein neueres Gefährt ersetzt, das bis 1943 fuhr.
1915
Der Priwall wurde in diesem Jahr weiter zu einem Flughafen mit Flugzeugwerft ausgebaut.
1916
lag das am 28.04.1916 in Dienst genommene Lazarettschiff „Stuttgart“ in Travemünde am Priwall vor Anker.
In diesem Jahr wurde – offenbar allen Villenkolonieplänen zum Trotz – einigen Fischern aus Travemünde die Aufstellung eines Lohkessels in der Nähe des Teer- und Lohkessels der Fischereigenossenschaft gestattet; dieser lag auf dem Kohlenhof an der Mittelfähre.
1918
Nach der Verlegung der Schlichting-Werft und der Anlage der Böbs-Werft wurde in diesem Jahr eine dritte große Fläche auf dem Priwall zur gewerblichen Nutzung vergeben: eine ca. 3.000 qm große Fläche für die Bergungsreederei Drägerwerk, gelegen zwischen der Haupt- und der Mittelfähre. Dabei gab es Streitigkeiten mit den Travemünder Fischern, die auf der vergebenen Fläche Trockenplätze für ihre Netze hatten.
1922 wurde durch eine Kommission festgestellt, dass noch genügend Platz für das Trocknen der Netze zwischen den beiden Fähren bestand, und der Streit wurde beigelegt.
1919
Die Priwallbewohner forderten den Anschluss an das Elektrizitätsnetz, das die Flugzeugwerke versorgte. Um auch dem enorm gestiegenen Elektrizitätsverbrauch der Flugzeugwerke gerecht zu werden, ließ die Betriebsbehörde für die Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerke Lübeck und Travemünde einen Verteiler bauen, der an das Grevesmühlener Leitungsnetz angeschlossen wurde.
Im Verlauf des Jahres 1920 wurde eine an der Mecklenburger Landstraße entlangführende Freileitung errichtet und die Häuser daran angeschlossen.
1919/1920
Die Pläne für den Neubau einer größeren Badeanstalt auf dem Priwall scheiterten an den zu hohen Kosten.
1920
geriet nach dem Ende des 1. Weltkrieges der Ausbau von Travemünde ins Stocken. Bauplätze standen genügend zur Verfügung, aber das Geld zum Bauen fehlte.
Auf dem Priwall gab es 7 Bauplätze an der Mecklenburger Landstraße. Für die Halbinsel gab es Pläne, bis zur Landesgrenze 60-70 weitere Parzellen sowie 31 Parzellen hinter der Rennbahn anzulegen. Baudirektor Baltzer legte am 21.6. einen dritten Bebauungsplan für Travemünde und den Priwall vor.
08.04.1920
Die Flugzeugwerft auf dem Priwall wurde nach dem Namen des neuen Besitzers Karl Caspar in „Caspar-Werke GmbH“ umgetauft. Nach Inkrafttreten des Versailler Vertrages nach dem verlorenen 1. Weltkrieg stellte man nach außen hin offiziell Möbel und Haushaltsgeräte her, fertigte aber insgeheim weiter Flugzeug-Bauteile an, die nach Schweden exportiert und dort zu kompletten Flugzeugen zusammengesetzt wurden.
1921
Nach dem Krieg änderten sich die Badegewohnheiten vor allem der jüngeren Gäste. Sonnenbäder und Freibaden vom Strand aus wurden trotz Verbot immer beliebter. Die traditionell abgeschottete Herren- und Damenbadeanstalt galt als äußerst unmodern. Die Kurverwaltung stellte diesen Trend in einem Bericht an den Senat fest: „:Mit den Badeverhältnissen in Travemünde und besonders auf dem Priwall ist es übel bestellt. Die große geräumige Badeanstalt am Hauptstrand an der Strandpromenade mit ihren vielen Einzel-Umkleidekabinen wird leider nur sehr wenig benutzt, weil dort keine Gelegenheit gegeben ist, auch Luft- und Sonnenbäder zu nehmen. Der Hauptstrom der Badenden geht deshalb zum Priwall. Diese Anstalt ist aber räumlich sehr beschränkt. Im dortigen Herrenbad sind 8 Umkleidekabinen und 110 Schränke vorhanden, im Damenbad stehen 10 Kabinen und 80 Schränke zur Verfügung. Bei gutem Wetter baden dort aber weit über 500 Personen.“ Man forderte nun dringlich die Einrichtung einer größeren Badeanstalt auf dem Priwall mit Flächen zum Sonnenbaden, „ durch 20m rechts und links abgetrennt am Strand“.
Ganz dem zukünftigen Trend öffnen wollte die Obrigkeit sich dann doch nicht: „Das Freibaden außerhalb der Anstalt hat auf dem Priwall in den letzten Jahren einen bedenklichen Umfang angenommen. Schon aus sittlichen Rücksichten muss alles nur Erdenkliche getan werden, um das Freibaden soweit als möglich zu verhindern“:.
Der Senat beschloss am 16.3.1921 auf dem Priwall und auch auf dem Festland ein Luft- und Sonnenbad einzurichten, sowie die Erweiterung der Priwall-Badeanstalt nach Plänen von Wasserbaudirektor Leichtweiß. Dieser sollte die notwendigen Arbeiten möglichst vor Saisonbeginn fertig haben.
06.09.1921
Auf Anregung einiger Herren aus Hamburg gründete man in Travemünde den Lübeck-Travemünder Golf-Klub. Der Lübecker Senator Friedrich Ewers wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt. Der neue Verein wollte auf dem Gelände des Rennklubs auf dem Priwall einen Golfplatz einrichten. Dem Plan wurde vom Senat zugestimmt. Die Anlage des 6-Löcher-Platzes bereitete aber wegen des sandigen Untergrunds große Probleme; so konnte die Anlage erst Anfang 1922 eröffnet werden. Aber das junge Unternehmen stand wegen der Inflationszeit unter einem ungünstigen Stern: am 5.3.1923 wurde der Spielbetrieb auf Grund der zu hohen Kosten eingestellt.
1921
erwarb Schlichting weiteres Land vom Senat, um seine Werft zu vergrößern.
Die Hansestadt Lübeck vermietete dem Verein der Naturfreunde zum Bau eines Vereinsheims ein 3.755 qm großes Gelände für 100 Mark pro Jahr an der Pötenitzer Wiek in unmittelbarer Nähe zur Mecklenburgischen Grenze. Das dort erstellte Heim im Fachwerkhaus-Stil diente als Unterkunft für Arbeiterfamilien, die hier günstig Urlaub mit Frau und Kindern machen konnten.
1922
brannten auf der Böbs-Werft ein großer Schuppen mit wertvollem Material, Ausrüstungsgegenständen sowie eine große Zahl von Jachten durch Brandstiftung ab.
Am 22.7. tritt eine neue Badeverordnung für den Priwall in Kraft. Das Baden war nun von der alten, nun völlig unzureichenden Badeanstalt bis zur Mecklenburgischen Grenze erlaubt. Zusätzlich wurden zwei Bedürfnisanstalten unmittelbar am Strand erbaut.
16.09.1923
Ein „Groß-Flugtag“ auf dem Flugplatz Travemünde-Priwall lockte zahlreiche Besucher aus nah und fern in das Seebad. Rundflüge konnten vom Priwall aus gebucht werden. Nachmittags konnten die Gäste Fallschirmspringer beim Ausüben ihres Sportes erleben, Flugzeuge konnten aus nächster Nähe in Augenschein genommen werden. Sturzflüge, Loopings, Ziellandungen und Turnen am Trapez unter Flugzeugen, in der Luft unterwegs mit über 125 km/h, begeisterten das Publikum.
An den öffentlichen Schautag schloss sich die Norddeutsche Segelflugwoche an, an der über 60 Segelflugzeuge teilnahmen.
1924
erfolgte auf einen Antrag der Priwallbewohner hin eine Beleuchtung der Mecklenburger Landstraße.
Im gleichen Jahr kam mit dem Restaurant „Strandperle“ ein zweiter gastronomischer Betrieb mit Halle auf dem Priwall dazu, der schon drei Jahre später erweitert werden musste.
1924/25
Das an der Pötenitzer Wiek erbaute Heim des Touristenvereins „Naturfreunde Lübeck“ wurde bis zum Beginn des Nazi-Regimes vom Verein genutzt. Als die „Naturfreunde-Bewegung“ in den 30er Jahren durch die Nazis verboten wurde, übernahm die Hitlerjugend das Heim. Das Haus wurde nach 1945 abgerissen.
1925
Die Hansestadt Lübeck richtete auf dem Priwall eine Jugendherberge am Fliegerweg ein, die von einem Lehrerehepaar geleitet wurde. Das Gebäude wurde nach dem 2. Weltkrieg verkauft. (Grundstück Grommelt)
19.04.1926
Die Eröffnung der Fluglinie Berlin-Lübeck/Travemünde-Kopenhagen-Malmö durch die am 6.1.1926 gegründete Deutsche Lufthansa band den Flugplatz auf dem Priwall in den internationalen Flugverkehr ein. Ein hölzernes Abfertigungsgebäude mit Wartehalle und Schalter sowie kleinem Restaurant gehörte zu den ersten seiner Art in Deutschland.
1926 – 1928
Der Priwall-Flughafen wurde kontinuierlich weiter zu einem kombinierten See- und Landflughafen ausgebaut, einer Einmaligkeit in Europa. Auftraggeber waren die Hanseatische Flughafengesellschaft mbH, hinter der die beiden Hansestädte Lübeck und Hamburg, sowie das Deutsche Reich anteilsmäßig standen.
Die Kosten für den Bau des Flugplatzes trug zur Hälfte die Hansestadt Lübeck.
Um ein ausreichendes Flugfeld von mindestens 1.000 m Durchmesser zu erhalten, mussten umfangreiche Aufspülungen vorgenommen werden. Die Sandmassen stammten von den Ausbaggerungsarbeiten für die Trave-Fahrrinne.
Um das nur 1 m hohe Gelände des geplanten Flugplatzes vor Hochwasser zu schützen, musste zusätzlich ein 1 m hoher sogenannter Sommerdeich am Südufer angelegt werden.
06.08.1927
Der Hanseatische Flughafen Lübeck-Travemünde konnte in Anwesenheit von drei schwedischen Militärflugzeugen und dem Dornier-Riesen-Wasserflugzeug „Superval“ eingeweiht werden.
Am 15.11.1927 wurde der regelmäßige Flugverkehr aufgenommen.
Die Flender-Werft aus Lübeck lieferte für Reparaturarbeiten das erste Schwimmdock der Welt für Wasserflugzeuge, das durch den „Superval“ am 2.11. in Betrieb genommen wurde. Durch ihr fast immer ruhiges und genügend großes und tiefes Wasser bot die Pötenitzer Wiek eine ideale Fläche zum Landen von Wasserflugzeugen.
15.12.1927
Der neu erbaute, einstöckige Empfangspavillon auf dem Flugplatz brannte nachts um 21 Uhr völlig ab. Sofort wurde mit einem massiven Neubau aus Stein begonnen, der im Frühjahr 1928 fertig war.
März 1928
Rechtzeitig zum Beginn der neuen Flugsaison konnte nach einem Jahr Bauzeit die stützenfreie Flugzeughalle mit imponierenden Ausmaßen vollendet werden. Sie war die größte Flugzeugbergungshalle für Seeflugzeuge in Deutschland mit ihren Ausmaßen von 60 m Breite, 60 m Länge und 18 m Höhe.
23.04.1928
Mit der Eröffnung der Flugsaison in diesem Jahr richtete die Lufthansa sechs Hauptflugverkehrslinien ein. Travemünde war nun per Flugzeug mit Berlin, Kopenhagen, Göteborg, Oslo, Stockholm, Hannover, Düsseldorf, Hamburg, Bremen und im Sommer sogar mit Westerland auf Sylt verbunden.
1928
Das Baden vom Strandkorb aus wird vom Lübecker Senat am Kurstrand und auf dem Priwall offiziell erlaubt.
Für die Familien der Mitarbeiter der ab 1929 tätigen Flug-Erprobungs-Stelle auf dem Priwall musste neues Bauland für den Bau von Mehrfamilienhäusern erschlossen werden. Die hierfür vorgesehenen Grundstücke an der Strecke der Eisenbahn nach Niendorf zwischen Fehlingstraße, Steenkamp und der Straße Am Fahrenberg kaufte die Stadt von Privat an, nach Zustimmung der Bürgerschaft vom 16.7.1928.
04./05.05.1928
Ein Fußball-Turnier auf dem Rasen der Priwall-Rennbahn erfreute Tausende von Besuchern. Neben Werder Bremen und Borussia Mönchen-Gladbach trat u. a. auch der L.B.V.-Phönix aus Lübeck an.
1928/1929
Im Winter war es so kalt, dass sich Packeis bildete, die Trave zufror und die Travemünder zu Fuß vom Festland zum Priwall wandern konnten.
1929
Die „Erprobungsstelle für Seeflugzeuge des Reichsverbandes der Deutschen Luftfahrtindustrie (RDL)“, kurz E-Stelle genannt, nahm ihre Tätigkeit auf dem Gelände der Caspar-Werke auf. Die Caspar-Werke waren aufgelöst und das gesamte Vermögen dem Reichsfinanzministerium übertragen worden. Von der E-Stelle wurden alle Neuentwicklungen der großen deutschen Flugzeugwerke für Wasserflugzeuge wie Dornier, Heinkel, Junkers, Rohrbach und Arado erprobt, sowie die Verbesserungen von Start- und Rettungsmöglichkeiten getestet.
Hier war auch der Lloyd-Dampfer „Westfalen“ stationiert und wurde für seinen Einsatz als schwimmende Auftankstation im Südatlantik für die ersten Schwimmflugzeuge erprobt, die Flugpost von Deutschland nach Südamerika befördern sollten.
06.07.1930
Der „1. Hanseatische Seeflugtag Travemünde“ auf dem Priwall war einer der Höhepunkte der Badesaison 1930.
Für 9 Reichsmark pro Person konnten Gäste an ½ stündigen Rundflügen über die Lübecker Bucht teilnehmen.
14.05.1931
Das Luftschiff „Graf Zeppelin“ unter der persönlichen Führung von Dr. Eckener nebst Graf Zeppelin selbst, besuchte Lübeck und Travemünde zur Eröffnung des „Ostseejahres“. Von Travemünde aus trat das Luftschiff seine Fahrt über die Ostsee nach Dänemark an, von der es am Abend nach Travemünde zurückkehrte, um von dort aus am nächsten Tag nach Friedrichshafen, seinem Stamm-Liegeplatz am Bodensee, zurückzukehren.
04./05.07.1931
Der 2. und letzte „Hanseatische Seeflugtag“ fand auf dem Flugplatzgelände des Priwalls statt. Alfred Mahlau entwarf dazu ein Plakat.
06.12.1931
verunglückte der 29-jährige Travemünder Testpilot Karl Wiborg bei einem Testflug über dem Priwall tödlich. Beim Landeanflug stürzte er mit seiner Maschine in eine Flugzeughalle. Wiborg flog einen Zweisitzer-Zweischwimmer-Doppeldecker von Heinkel neuester Konstruktion, der auf dem Priwall erprobt werden sollte. Dies war der erste tödliche Unfall seit Bestehen des Hanseatischen Seeflughafens Lübeck-Travemünde.
21.07.1931
Das größte Seeflugzeug der Welt, die 1929 entwickelte Dornier „DO X“ traf am 21.7. nachmittags in Travemünde ein und landete um 15.30 Uhr auf der Pötenitzer Wiek. Die „DO X“ wurde vom Lübecker Bürgermeister begrüßt und mit einem abendlichen Empfang mit „Buntem Programm“ im Spiegelsaal des Kurhaus-Hotels geehrt.
1932
Die Aufstellung von festen, leicht zerlegbaren Wochenendhäusern aus Holz ist erstmals auf dem Priwall gestattet worden. Vorwiegend waren es Handwerker, Facharbeiter und kleine Gewerbetreibende, die sich ein Wochenendhäuschen zulegten.
06.11.1933
Auf dem Flug von Danzig nach Kiel zu einer Wahlkampfrede in der Ostsee-Halle, musste die Militärmaschine von Hitler mit dem Führer an Bord auf dem Travemünder Flugplatz zwischenlanden. Ein aufkommender Orkan zwang den Führer zu dieser quasi Notlandung. Bei seiner Ankunft auf dem Travemünder Flughafen stand schon seine gepanzerte Mercedes-Limousine bereit, die ihn umgehend in die Ostsee-Halle nach Kiel brachte, wo bereits 20.000 ungeduldige Fans auf den Führer warteten.
1934
Neben Segelyachten, Rettungs- und Fischerbooten entstanden ab 1934 auf der Schlichting-Werft für die Reichsmarine 17 Räumboote, 11 Torpedofangboote, 37 Fluchtsicherungsboote und 54 Schnellboote.
In diesem Jahr wurde ein neues Trinkwasser-Pumpwerk mit zwei Tiefbrunnen für den zunehmenden Bedarf Wasserbedarf der industriellen Anlagen auf dem Priwall gebaut. Bis dahin gab es nur die Wasserversorgung durch Hausbrunnen.
Am 14.6. wurde der zivile Flugverkehr auf dem Priwall eingestellt. Der Flugplatz ist danach bis 1945 ausschließlich militärisch genutzt worden.
1935
Auf Grund der allgemeinen Aufrüstung in Deutschland und der zunehmend militärisch ausgerichteten Forschungen in der E-Stelle unter Aufsicht des Reichsluftfahrtministeriums entstanden zahlreiche Neubauten. Neben Flugzeughallen, Werkstätten und Barackenlagern sind auch Kasernen an der Mecklenburger Landstraße für die Soldaten der Seefliegerausbildungsschule gebaut worden.
Die Beschäftigungszahlen stiegen rasant an. 1939 gab es in der E-Stelle 1.200, im Luftwaffenzeugamt im nahen Mecklenburg 1.400 und bei der Lufthansa auf dem Priwall 150 Mitarbeiter.
Die Pötenitzer Wiek wurde nach Errichtung des Seeflughafens für die Fischer gesperrt. 22 von 35 Travemünder Fischern verkauften daraufhin dem Deutschen Reich ihre Fischereirechte auf Rentenbasis, oder ließen sich in bar auszahlen.
1937
Das Zelten auf dem Priwall und die Errichtung von leichten Holzhäusern auf dem Priwall wurde immer beliebter. Schließlich musste die Hansestadt genaue „Bestimmungen für die Aufstellung von Holzhäusern und Zelten in der „Zeltstadt“ auf dem Priwall erlassen. Die Kurverwaltung wies die Plätze an. Gegen Zahlung einer jährlichen Gebühr konnte man vom 1.4. bis 30.9. in seinem Zelt oder Holzhäuschen wohnen. Im Winter überwachte und bewachte ein Wächter der Kurverwaltung die Behausungen, um herbst- und winterliches Bewohnen der Holzhäuser wegen Brandgefahr beim Heizen mit Öfen zu unterbinden.
1931 = 180 Wochenendhäuser
1963 = 375 Wochenendhäuser
2005 = 438 Wochenendhäuser
04.09.1939
Ein Standortbefehl des Seeflug-Horstkommandanten Oberst Witte unmittelbar nach Ausbruch des 2. Weltkrieges vom 03.09. lautete: „Es ist bekanntzugeben, dass ab morgen, 04.09., 10 Uhr, der Priwall einschließlich Zeltstadt von allen Nichtangehörigen der Wehrmacht zu räumen ist. Ausgenommen sind die Familien aller Wehrmachtsangehörigen einschl. der Angestellten und Arbeiter der Wehrmacht.
Weiterhin wurde der Betrieb der Mittel- und Norderfähre eingestellt, der Durchgangsverkehr gesperrt und eine Personenkontrolle eingeführt.
Der Strand, die Zeltstadt und die Ferienhäuser konnten somit während des 2. Weltkrieges nicht mehr aufgesucht werden.
1942
Im Frühjahr wurde auf dem Priwall zwischen Kohlenhof und Südermole ein U-Boothafen angelegt (heutiger Liegeplatz der PASSAT und Priwall-Marina). Um das Hafenbecken herum entstanden Backsteinhallen für Montage- und Lagerzwecke.
1943
Die Kettenfähre zum Priwall wurde durch die freifahrende, mit Propeller angetriebene Fähre „HANS WESTPHAL“ ersetzt, die die Luftwaffe auf dem Priwall zum Transport von Schwergerät und Schwerlasten benötigte. Sogar Eisenbahnwaggons und Lasten bis zu 75 Tonnen konnten damit transportiert werden.
Diese in der Unterhaltung zu teure Fähre verkaufte die Hansestadt Lübeck 1951 nach Göteborg und setzte bereits ab 1948 wieder eine Kettenfähre ein.
1943/45
Vom Nordwestdeutschen Kraftwerk in Siems wurde eine 30.000-Volt-Einspeisungsleitung nach Travemünde gelegt und ein Umspannwerk am Mühlenberg/Gneversdorfer Weg errichtet. Drei neue 6.000 Volt-Unterwasser-Flusskabel lieferten danach Strom auf den Priwall.
April 1945
Es erfolgten mehrere Luftangriffe auf Travemünde. Ziel war der U-Boothafen und der Flugplatz auf dem Priwall. Im U-Boothafen wurde am 08.04. das U-Boot-Begleitschiff „WILHELM BAUER“ getroffen und versenkt. Dabei kamen 1 Marinesoldat und 17 italienische Militärinternierte ums Leben.
Am 23./24.4. fiel bei einem weiteren Bombenangriff eine Bombe in die 1939 erbaute neue Handelsbank-Filiale in der Vorderreihe, detonierte aber Gott sei Dank nicht. Der Blindgänger konnte entschärft, die Bank aber erst 1942 wieder bezogen werden.
02.05.1945
Ab 14 Uhr wurden Lübeck, später auch Travemünde und der Priwall von englischen Besatzungstruppen besetzt. Auf dem Fährplatz vor der Vogtei an der Priwallfähre versammelten sich über 10.000 deutsche Wehrmachtsangehörige, die es in letzter Minute geschafft hatten, sich vor den heranrückenden Sowjettruppen nach Travemünde zu retten, die dann von amerikanischen und englischen Soldaten gefangengenommen wurden.
Von Travemünde aus wurden die deutschen Kriegsgefangenen dann in die Gefangenenlager in ganz Norddeutschland weitergeleitet. Schon wenige Tage darauf begannen die britischen Besatzer mit der Demontage der militärischen Anlagen, der Flughafengebäude und der E-Stelle auf dem Priwall.
Bis 1947 wurden der größte Teil der Gebäude und die Flughafenanlagen gesprengt.
03.05.1945
Britische Bomber der 84. Gruppe der RAF (Royal Air Force) griffen die in der Lübecker Bucht vor Neustadt liegenden, mit Häftlingen der KZs Stutthoff und Neuengamme überfüllten Schiffe „CAP ARCONA“, „DEUTSCHLAND“, „THIELBEK“ und „ATHEN“ an. Die Schiffe kenterten und über 7.000 hilflose Menschen fanden den Tod. Viele Tote wurden dabei auch am Priwallstrand angetrieben, wie Einwohner vom Priwall berichteten.
Mai 1945
Auf dem Priwall trafen immer mehr Flüchtlinge ein, die sich vor den heranrückenden Sowjettruppen retten konnten. Da der Fährbetrieb eingestellt worden war, mussten Tausende auf primitive Weise im Freien auf dem Priwallstrand campieren.
Die in den Wehrmachtsbaracken auf der Halbinsel untergebrachten jugoslawischen Fremdarbeiter holzten den dortigen Baumbestand in großem Umfange ab und verkauften das Holz an die Flüchtlinge. Weihnachten 45 zündeten die Jugoslawen eine Baracke und mehrere Wochenendhäuser an.
Die Grenze nach Mecklenburg wurde schließlich von den sowjetischen Besatzern abgeriegelt und blieb bis 1989 geschlossen.
Nach der Kapitulation wurden die nicht zerstörten Betriebe (Werften), die für die Kriegsproduktion eingesetzt waren, von den britischen Besatzern beschlagnahmt. Für die Reparatur englischer Marinefahrzeuge gaben die Engländer die Fa. Hagelstein auf dem Baggersand sowie die Schlichting-Werft auf dem Priwall relativ schnell wieder frei. Letztere baute bis kurz nach 1948 deutsche Marineschiffe zu KFK-Kuttern (Kriegsfischkutter) von 21-23 m Länge um.
Das an der Vorderreihe liegende Marinewohnschiff „KNURRHAHN“ diente zunächst als Quartier für Heimatvertriebene und wurde dann zum ersten zivilen Krankenhaus für Travemünde eingerichtet. Da die englischen Besatzer das Schiff für eigene Belange einforderten, verlegte man Ende 1945 das „schwimmende Krankenhaus“ in das Kurgartenhaus am Lotsenberg. Dort konnten bis zu 90 Patienten stationär versorgt werden.
1947 übernahm die Hansestadt Lübeck das Krankenhaus, 1948 erfolgte dann der Umzug in die ehemaligen Kasernen auf dem Priwall.
1945/46
Aus dem im Travemünder Hafen auf Grund liegenden Motorschiff „DEUTSCHLAND“ konnten eine Menge Lebensmittel geborgen werden, die das Ernährungsamt unter der hungernden Bevölkerung im Ort und auf dem Priwall verteilte.
August 1946
Die englische Militärregierung führte bei allen Einwohnern Travemündes auf dem Festland und auf dem Priwall Hausdurchsuchungen durch, bei denen nach Wehrmachtseigentum wie Waffen, Uniformen etc. gesucht wurde, „wobei etliche Einwohner“ zur Rechenschaft gezogen wurden.
Winter 1946/47
Der ungewöhnlich lange und strenge Winter vergrößerte die Not in Travemünde und auf dem Priwall enorm. Am 16.03.1947 fror die Trave zu, sodass auch der Fährverkehr eingestellt werden musste, und der Priwall vom Festland abgeschnitten war.
Die Travemünder Fischer konnten erst Anfang April 1947 wieder zu ihren Fanggründen in der Lübecker Bucht und bei Fehmarn auslaufen.
1948
Der aus Ostpreußen vom Gut Brückendorf stammende Pferdezüchter Karl Friedrich Grommelt pachtete auf dem Priwall ein Stück Land vom Bundesvermögensamt, baute dort mit den Trakehnerpferden, die er vor den heranrückenden Sowjettruppen aus Trakehnen nach Travemünde hatte retten können, eine Trakehnerzucht auf und baute einen Reiterhof auf. Die frühere Waffenmeisterei des Fliegerhorstes und die ehemalige Jugendherberge am Fliegerweg 11 baute er zu einem Wohnhaus mit Ställen um.
Ende März 1995 wurde das große Grundstück nach Ablauf des Pachtvertrages und dem Tod von K. F. Grommelt von der Travemünder Familie Matzen erworben, die den idyllisch gelegenen Reiterhof von Grund auf renovierte, modernisierte, mit modernen Appartements für Reiterferien ausstattete und mit großem Erfolg weiterführte.
16.11.1948
Die Besetzung des Priwalls durch die Engländer wurde im Frühjahr beendet und die Luftwaffen-Kasernen an der Mecklenburger Landstraße Nr. 49-59 wurden nach langen Verhandlungen von den Besatzern geräumt, damit die Gebäude zu einem Krankenhaus umgebaut werden konnten. Von September bis November 48 wurden die Verwundeten und Kranken aus den noch bestehenden Hilfskrankenhäusern aus Travemünde und dem Lübecker Raum hierher verlegt.
Am 16.11. wurde das Priwall-Krankenhaus offiziell mit dem Haus III eröffnet. Es gab 63 Betten im Parterre und 58 Betten im 1. Stock, dazu eine Röntgenabteilung und eine Entbindungsstation. In den übrigen Häusern wurden ein Altersheim und ein Kinderheim mit je 240 Betten, sowie ein Mütter- und Säuglingsheim mit 80 Betten untergebracht.
Ende 1949 ließ der Strom der Heimkehrer aus russischer Kriegsgefangenschaft nach, so dass das Krankenhaus um 120 Betten zugunsten des Altersheims verkleinert werden konnte.
Später erfolgte die Verlegung des Mütter- und Säuglingsheims nach Lübeck (Krankenhaus Ost) und das Kinderheim wurde aufgelöst.
1949
wurde in einem ehemaligen Wehrmachtsgebäude als Zweigstelle der Stadtschule eine Schule mit 6 Volksschulklassen auf dem Priwall eingerichtet, in der der Unterricht vorwiegend für 6-10 jährige Flüchtlingskinder stattfand.
Im gleichen Jahr gründeten das Ehepaar Hans und Gerda Lempe auf dem Priwall eine Jugendherberge mit Zeltunterkünften. Daraus ging 1953 die Trägerschaft „Gesellschaft für Jugendpflege und Jugendförderung Lübeck e. V.“ hervor, die die Einrichtung und den Betrieb als „Jugend-Freizeitstätte Priwall“ unter Leitung von Ehepaar Lempe betrieb.
Bis Ende der 50er Jahre nutzte man alte Wehrmachtszelte, die dann von sogenannten Hauszelten mit festen Fußböden abgelöst wurden. 1952 entstanden in festen Gebäuden 2 Toilettenanlagen und 1958 ein Toiletten- und Waschgebäude sowie ein Wärterhäuschen. 1961 kam dann das große Haupthaus mit Schlafsälen; Speise- und Aufenthaltsräumen dazu.
Die Priwall-Wochenendhaus-Siedlung wurde wieder ihrer Zweckbestimmung zugeführt. Eine Reihe von Häuschen diente als Notunterkünfte für Flüchtlinge.
03.-07.07.1949
Zur 1. Travemünder Woche nach dem Krieg waren 150 Jachten am Start. Am 5.7. kenterten bei einer Regatta infolge einer Gewitterbö um 13 Uhr etliche Boote. Sieben Jollen trieben ans sowjetisch besetzte Ufer ab, direkt hinter der Grenze auf dem Priwall. 5 Boote konnten, bedrängt durch Vopos, nach der Bö wieder vom Ufer ablegen und sich paddelnd zur Trave retten. 2 „Piraten“, 1 Kieler und 1 Hamburger Boot, wurden jedoch von der Volkspolizei festgenommen, ihre Boote an Land gezogen und nach Rostock abtransportiert. Alles dies geschah unter den Augen von vielen Schaulustigen auf der Westseite des Priwalls, die sich das Spektakel nahe der Kette der Demarkationslinie nicht entgehen lassen wollten.
Nach endlosen Verhören wurden die Segler dann nach 2 Tagen aus DDR-Haft entlassen und ihre Boote erst nach längerer Zeit und Zahlung einer Strafgebühr völlig ausgeräubert zurückgegeben.
1950
gründete sich der „Priwallverein der Wochenendhaus-Besitzer e. V.“, der die Interessen der Mitglieder gegenüber der Stadt vertreten sollte. Die Siedlung galt zu der Zeit als wild gewachsen und illegal. Aus feuerpolizeilichen und gesundheitsbedenklichen Überlegungen heraus überlegte die Stadt, ob die Siedlung komplett abgerissen und neu gebaut oder weiter geduldet werden sollte. Unter massiven Protest der Priwallianer und mangels vorhandener Entwicklungspläne wurde der „Status quo“ beibehalten bzw. die bestehende Pacht um jeweils 10 Jahre verlängert. Schließlich verzichtete die Stadt auf weitere Maßnahmen und förderte den infrastrukturellen Ausbau in Bezug auf Elektrizität, Wasser- und Abwasserleitungen.
Im gleichen Jahr gründete sich der Verein der „Naturfreunde Lübeck e. V.“ neu, und noch im gleichen Jahr wurde im Mai das neue „Haus der Naturfreunde“ eingeweiht. Noch heute steht es an der Mecklenburger Landstr. 78/80 und wurde in Eigenarbeit des Vereins ständig modernisiert und den heutigen Verhältnissen und Bedürfnissen angepasst.
29.12.1950
Die 100 m lange Karosseriehalle der Schlichting-Werft brannte ab. Einen Teil des Betriebes hatte man nach 1945 aus Mangel an Aufträgen für Schiffsneubauten auf den Karosseriebau umgestellt. Nach dem Brand wurde dieser Produktionszweig eingestellt. Die Geschäftsleitung konzentrierte sich ab jetzt ausschließlich auf den Schiffbau und begann mit dem Aufbau der Stahlschiffbau-Produktion.
1951
Auf dem Priwall in der Wiekstraße wurde die Landesberufsschule eingerichtet mit Fachklassen für sogenannte Splitterberufe (Berufe mit zu geringer Lehrlingszahl, die keine eigenen Fachklassen in Kreis- und Stadtberufsschulen bilden konnten). Dazu gab es eine Gewerbeschulklasse für Schwerbeschädigte zur Umschulung auf das Metallgewerbe.
Später kamen Umschulungsmaßnahmen für körperbehinderte Erwachsene und eine überbetriebliche Lehrlingsausbildung dazu.
Heute verfügt die Berufsbildungsstätte Priwall der Handwerkskammer Lübeck über 446 Werkstattplätze sowie 162 Theorieplätze in 35 Werkstätten. Die Landesberufsschule verfügt über 336 Klassen-, 104 Labor- und 186 Werkstattplätze. Für auswärtige Lehrgangsteilnehmer stehen 430 Internatsplätze zur Verfügung. Die Speisesäle umfassen 250 Plätze. Unterricht und Ausbildung umfassen folgende Sparten:
Lehrlingsunterweisung in folgenden Handwerksberufen:
Metall-Elektro-Installateur-und Heizungsbau, KFZ, Nahrungsmittel, Glaser, Bootsbauer, Segelmacher, Augenoptiker, Schuhmacher, Kfz-Mechatroniker.
Überregionales Kompetenzzentrum für maritime Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie für KFZ-Diagnose, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik.
Träger von Bildungsmaßnahmen der Bundesarbeitsagentur in den Sparten: Berufsorientierung, Berufsvorbereitung, Berufsausbildung von benachteiligten Jugendlichen, Anpassungsfortbildung für arbeitslose Fachkräfte sowie Aktivierung und Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen.
Anbieter von Fortbildungs- und Vorbereitungslehrgängen zur Meisterprüfung in den o. a. Ausbildungsberufen.
Der Bau- und Ausbau, die Ausstattung sowie die Modernisierung der Berufsbildungsstätte werden aus Mitteln des Landes, des Bundes und der EU gefördert.
10.06.1951
Die beiden Viermastbarken „PASSAT“ und „PAMIR“ lagen für ein paar Tage im Travemünder Hafen. Sie wurden vom Lübecker Reeder Schliewen von dem finnischen Reeder Gustav Eriksson erworben und so vor dem Abwracken gerettet. Anschließend wurden sie auf der Howaldts-Werft in Kiel zu frachttragenden Ausbildungsschiffen umgebaut.
05.05.1952
In dem ehemaligen Verwaltungsgebäude des Fliegerhorstes auf dem Priwall neben der Landesberufsschule richtete das Land Schleswig-Holstein die „Landesausbildungsstätte Priwall für seemännischen Nachwuchs“ (kurz: „Schiffsjungenschule“) ein. In dem angeschlossenen Internat konnten 90 Jungen in drei Lehrgängen untergebracht werden. Monatlich verließen so 30 Jungen die Schule, heuerten auf Schiffen an und begannen so als geprüfte Schiffsjungen ihren seemännischen Werdegang. Ab dem 15.4.1958 kam dann noch ein vierter Lehrgang hinzu. Ab Mitte 1960 dauerte die Ausbildung dann 3 Monate: 2 Monate in der Ausbildungsstätte und 1 Monat Ausbildung auf der seit Januar 1960 am Priwall liegenden Viermastbark „PASSAT“.
Die Jugendlichen mussten einen umfangreichen Lehrplan absolvieren, so gehörten u. a. Bootsdienst, Schiffskunde, Signaldienst, Wetterkunde, seemännischer Unterricht sowie Sicherheitstraining dazu.
1953
konnte auf der Schlichting-Werft mit der „Antonia“ das erste Motorschiff abgeliefert werden. Finanzielle Schwierigkeiten führten dann jedoch zur Übernahme der Schiffswerft durch die Bugsier- und Bergungsgesellschaft Alwich Harmstorf aus Hamburg. Sie kauften auch die Trayag-Werft auf der Festlandseite und konnten nun Reparaturen und Neubauten vornehmen. Es konnten nun Schiffe von über 100 m Länge gebaut werden.
Spektakulär waren die Stapelläufe, weil die Neubauten nach der Schiffstaufe quer zur Trave ins Wasser glitten. Hunderte von Travemündern und Gästen bestaunten diese spektakulären Stapelläufe. Für Interessenten wurden einmal in der Woche Führungen auf der Schiffswerft veranstaltet.
Februar 1953 – September 1955
lag die „arbeitslose“ PASSAT in der Siechenbucht vor Anker. Reeder Schliewen war Konkurs gegangen, und erst im September 1955 ging die Viermastbark wieder auf Ausbildungsfahrt, diesmal im Auftrag der „Pamir und Passat-Stiftung“ unter Führung der Landesbank SH, die das Schiff aus der Schliew’schen Konkursmasse erworben hatte.
Die letzte Reise der PASSAT endet im November 1957, nachdem 2 Monate vorher am 21.September 1957 die PAMIR bei einem Orkan vor den Azoren gesunken war. 80 Seeleute ertranken, nur sechs Schiffsjungen konnten gerettet werden.
06.03.1954
Der Priwall erhielt seine eigene Feuerwehr unter der Leitung von Brandmeister Erich Siemer, Chef von Siemers Gaststätte an der Mecklenburger Landstraße. Anlass hierfür war ein Zimmerbrand im Hause Ortgies, zu dem die Feuerwehrleute vom Festland nicht gelangen konnten, weil der Fährverkehr wegen Eisgangs eingestellt war. Weitere Ursache war das Hochwasser 1954, das große Teile des Priwalls unter Wasser setzte.
Heute besteht die Feuerwehr vom Priwall aus 12 freiwilligen Feuerwehrleuten, denen ab 1968 2 Löschfahrzeuge zur Verfügung stehen.
Juli 1955
Der letzte Singabend des Männerchores der Travemünder Liedertafel von 1843 vor der Sommerpause wurde in diesem Jahr zum ersten Mal auf dem Priwall an der Zonengrenze vor einer Vielzahl von Zuhörern „dies (Einheimische und Sommerurlauber) und jenseits der Zonengrenze (Vopos)“ abgehalten. Dies wurde zur lieben Tradition und wurde in den folgenden Jahren mit großem Erfolg wiederholt.
01.04.1959
Der städtische Priwall-Fährbetrieb wurde an die Stadtwerke Lübeck übertragen. Gleichzeitig konnte die neue, freie motorgetriebene Fähre MECKLENBURG in Dienst gestellt werden.
08.01.1960
Die PASSAT traf frühmorgens am Haken eines Schleppers im Travemünder Hafen ein. Die Hansestadt Lübeck hatte das außer Dienst gestellte Schiff für 326.000 DM erworben und so ein letztes Mal vor dem Verschrotten gerettet.
Die Viermastbark lag dann im Fischereihafen an den Dalben und wurde ½ Jahr lang zu einer schwimmenden Ausbildungsstätte für die Schiffsjungenschule auf dem Priwall umgebaut. Ab 1960 versah sie ihren Dienst als stationäres Ausbildungsschiff bis zum Sommer 1965.
10.06.1960
ist auf dem Priwall das vom Hochbauamt geplante, zweigeschossige „Haus des Kurgastes“ am Dünenweg 20 eröffnet worden. Es umfasste eine großzügige Lesehalle sowie Verwaltungsräume der Kurverwaltung.
1963 erfolgte eine Erweiterung um einen 470 qm großen Saal für 350 Gäste mit Bühne, dazu Sanitäranlagen, ein Foyer mit Garderobe und Kiosk.
Seit Ende der 1980er Jahre stand es leer, verfiel zusehends und wurde dann im Zuge des Baues der Ferienhaus-Kolonie abgerissen. Die als „singende Wirtin“ bekannt gewordene Paula Rüterbusch fiel vor kurzem einem mysteriösen Mord zum Opfer.
1961
konnte die neu erbaute, um einen Innenhof gruppierte, pavillonartige Anlage der Jugendfreizeitstätte und Jugendherberge Priwall eingeweiht werden. Das Haupthaus an der Mecklenburger Landstraße 69 umfasste 120 Betten, eine Großküche und diverse Aufenthalts- und Speiseräume. Das Haus wurde dem DJH-Verband angeschlossen. 1962 erfolgte der Bau eines Nebengebäudes zur Aufnahme von Fahrrädern und Zeltzubehör. 1967 wurde ein Erweiterungsbau mit Gruppenräumen und technischen Räumen hinzugefügt und Ende der 60er Jahre die ersten festen Holz-Blockhäuser auf dem weitläufigen Terrain errichtet. 1988 standen 34 Blockhäuser und 66 große Hauszelte mit Holzfußboden zur Verfügung.
1963
Der Priwall-Fährbetrieb der Stadtwerke wurde mit einer neuen Fähre ausgestattet: SCHLESWIG-HOLSTEIN.
Auf dem Priwall gründete sich die „Gemeinschaft der Priwallbewohner e. V.“. Ziel dieser Interessenvertretung der Wochenendhaus-Besitzer war, sich für die Anliegen der Bewohner einzusetzen und Planungssicherheit gegenüber dem städtischen Liegenschaftsamt zu erreichen.
1963/1964
Für die Priwall-Autofähre entstanden neue, moderne Anleger. Zudem wurde das Fahrwasser verbreitert. Dazu musste das Ufer auf der Priwallseite zwischen Anleger und Passathafen landeinwärts verlegt werden, wobei das alte Gebäude des „Kohlenhofes“ am Mittelfähranleger abgerissen wurde.
An der neu erbauten, 150 m langen Spundwand bzw. Kaianlage, dem sogenannten „Kohlenhof-Kai“, konnten seitdem Angelkutter, Gastyachten und Privatboote anlegen.
Direkt neben dem Fähranleger am „Kohlenhof-Kai“ befindet sich seitdem eine Tankstelle zum Betanken der Freizeitschiffe etc.
1964
wurde die Krankenhausanlage auf dem Priwall der Hansestadt Lübeck entschädigungslos übergeben und damit konnten endlich dringend notwendige Investitionen getätigt werden.
Nach dem Umbau 1964/65 waren im Haus III die Chirurgische Klinik, im Haus I die Innere Klinik, im Haus II Verwaltungs- und Wirtschaftsbereiche, im Haus IV ein Altenheim und im Haus V das Pflegeheim mit insgesamt 400 Betten untergebracht.
1965
da die PASSAT für die Schiffsjungenausbildung zu klein geworden war, wurde sie vom Land Schleswig-Holstein an die Hansestadt Lübeck zurückgegeben und versah nun als schwimmendes Museum ihren Dienst, nachdem sie unter Denkmalsschutz gestellt wurde. Zudem wurde sie dem Deutschen Seglerverband als Ausbildungsstätte für den Segelnachwuchs übergeben.
Ständiger Gast war das Deutsch-Französische Jugendsegelwerk e. V., das Segelkurse für deutsche und französische Jugendliche mit Übernachtungsmöglichkeit an Bord anbot.
Zudem diente die Viermastbark den Rettungsschwimmern von DLRG und der Wasserwacht vom Deutschen Roten Kreuz als Unterkunft während der Sommersaison.
Rechtzeitig zur Badesaison wurden auf dem Priwall zwei Beobachtungstürme aus Holz für die Rettungsschwimmer der Wasserwacht errichtet.
20.08.1965
Gegen 23 Uhr ertrank ein Flüchtling aus der DDR in der Pötenitzer Wiek, beim Versuch, das rettende Priwallufer zu erreichen. Ein Holzkreuz mit einer kleinen Gedenktafel an der ehemaligen Grenze erinnerte an den erfolglosen Fluchtversuch.
1966
Im Sommer 1966 wurde auf der PASSAT ein Projekt ins Leben gerufen, das der Förderung der deutsch-französischen Freundschaft im Bereich des Jugendaustausches zwischen beiden Staaten dienen sollte: das „Deutsch-französische Jugendsegelwerk e. V.“. Hier trafen junge Menschen aus beiden Ländern im Alter von 18-25 Jahren zusammen, um gemeinsam während der 3-wöchigen Kurse an Bord der PASSAT zu leben und die Grundkenntnisse des Segelns bis hin zum A-Schein zu erlernen. Gedacht war dieses Projekt zunächst für ein Jahr, wurde dann aber auf Grund des großen Erfolges bis 1985 verlängert. Dann wurde diese tolle Begegnungsstätte leider aus Geldmangel eingestellt. Geleitet wurde diese internationale Segelschule von dem gebürtigen Kücknitzer Günther Runge, der nach dem Einstellen der Segelkurse als Hafenmeister des Priwall-Segelhafens mit über 500 Liegeplätzen bis zum Erreichen seines 67. Lebensjahres im Jahr 1998.
1967
entstand auf der Priwallseite die neue Südermole. Im November 1966 war der vollständige Abriss der alten Südermole beendet, so dass ab dem 4.12.1966 der Schwimmkasten gesetzt und mit Ballastsand gefüllt werden konnte. Im Frühjahr 1967 konnte die Mole in Betrieb genommen werden.
1968
Die Wochenendhausbesitzer auf dem Priwall erhielten Pachtverträge von 10 Jahren Laufzeit. Damit wurde die endgültige Endscheidung über die Zukunft der Siedlung wiederum erneut vertagt.
09.10. und 12.11.1970
Auf der Schlichting-Werft brannte es zweimal kurz hintereinander.
1971
Im Oktober 1971 wurde mit dem Bau des längst geplanten Klärwerks auf dem Priwall begonnen.
1972
Im April 1972 folgte der Bau des Pumpwerks auf dem Baggersand und im November der Bau des 440m langen Dükers hinüber zum Priwall.
1973
Der Priwall-Fährbetrieb der Stadtwerke Lübeck setzt eine neue Priwall-Fähre ein: die BERLIN.
Das Südsee-Café „Samoa“ auf dem Priwall, früher „Strandperle“, brannte ab.
18.12.1973
Die neue Kläranlage auf dem Priwall konnte in Betrieb genommen werden. Seit diesem Zeitpunkt wurden sämtliche Abwässer Travemündes durch Rohre auf den Priwall geleitet. Die Sickergruben und das unkontrollierte Abfließen von Brauchwasser konnte somit beendet werden.
05.05.1974
Ein verheerender Nord-Ost-Sturm (Anstieg 1,25 m über Normal) überflutete den Strandbereich und drang bis zu den ersten Ferienhäusern am Strandweg vor, ohne große Schäden anzurichten.
03./04.01.1976
Ein schwerer Orkan mit Windgeschwindigkeiten von 150-170 km/h fegte über Travemünde hinweg und entwurzelte auch auf dem Priwall zahlreiche Bäume.
Juli 1976
In diesem Monat gab es bei ständigen Ostwinden und um die 30 Grad im Schatten am Priwallstrand eine Invasion von Marienkäfern.
28.12.1978
An diesem Donnerstag setzten orkanartige Stürme und langanhaltende Schneefälle in ganz Schleswig-Holstein ein. Es kam über Silvester zu einer Schneekatastrophe. Erst nach 14 Tagen normalisierte sich die Lage. Die Nachttemperaturen betrugen -20 °C, tagsüber blieb es bei -15 °C. Haushohe Schneeverwehungen und Packeis führten zur Einstellung der Priwall-Fährbetriebs.
In Schleswig-Holstein wurde im Januar Katastrophenalarm ausgelöst.
1979
Nach dem Altstadtfest in Lübeck, das unter dem Motto „Rettet die Passat“ stattfand, wurde der Verein „Rettet die PASSAT“ gegründet, der sich zum Ziel setzte, Geld für die Sanierung und Instandhaltung der Viermastbark zu sammeln.
15.12.1979
Mit dem 17.000 t großen Containerschiff Sriwijaya für die Djakarta Lloyd lief der bisher größte Neubau der Schlichting-Werft vom Stapel.
1986
Vor dem Priwall-Krankenhaus wurde die 4 m hohe Marmorskulptur „Zahn der Zeit“ vom Kieler Bildhauer Ben Siebenrock aufgestellt. Das Kunstwerk war im Rahmen eines Bildhauer-Symposiums in Lübeck entstanden.
1987
Die Schlichting-Werft geriet im Sog der internationalen Werftenkrise in finanzielle Schieflage und musste Konkurs anmelden.
09.11.1989
Öffnung der Mauer in Berlin.
18.11.1989
Die ersten zwei Ausflugsdampfer aus der DDR legten nach dem Mauerfall und der Gewährung von Reisefreiheit für DDR-Bürger mit Ausflüglern aus Wismar und Warnemünde am Travemünder Ostpreußenkai an.
03.02.1990
Auf dem Priwall wurde nach dem Fall der Mauer in Berlin und der Öffnung der Staatsgrenze der DDR die innerdeutsche Grenze um 09.35 Uhr unter großer Anteilnahme der Bevölkerung von beiden Seiten geöffnet.
03.04.1990
Die gelbe Grenztonne, die von 1974 bis 1990 die innerdeutsche Grenze auf dem Wasser vor dem Priwall markierte, wurde eingeholt und als Mahnmal vor der Lotsenstation an der Nordermole auf dem Festland aufgestellt.
12.04.1990
Der Grenzübergang an der Mecklenburger Landstraße wird für den Verkehr geöffnet.
03.10.1990
Am ersten „Tag der Deutschen Wiedervereinigung“ trafen sich Travemünder und Pötenitzer Bürger vor dem Pötenitzer Herrenhaus und pflanzten eine Eiche zur Erinnerung an diesen historischen Tag.
1992
Zur Sicherung der Gasversorgung erfolgte der erste Abschnitt des Baues einer Hochdruckleitung auf dem Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern zum Priwall. Im Jahr darauf folgte der zweite Abschnitt.
17.08.1992
erfolgte nach dem Abriss der Schlichting-Werft und der 2-jährigen Bauphase der Senioren-Wohnanlage „Rosenhof“, die feierliche Eröffnung.
In der mehrflügeligen Anlage sind Seniorenwohnungen im gehobenen Bereich mit einer Pflegeabteilung entstanden.
Zur Anlage gehören außerdem Ferienwohnungen sowie ein eigener Bootsanleger mit Marina.
03.02.1995
An der ehemaligen Grenze zur DDR auf dem Priwall wurde ein Gedenkstein mit der Inschrift „Nie wieder geteilt – 3. Februar 1990“ aufgestellt. Den Stein stiftete die Lübecker Possehl-Stiftung.
29.05.1995
Die Kläranlage auf dem Priwall nahm nach einer grundlegenden Modernisierung wieder ihren Betrieb auf. Die Klärleistung wurde durch den Einbau einer neuen Filteranlage deutlich erhöht.
03./04.11.1995
Anfang November zog aus Westen ein starker Orkan über Travemünde hinweg. Der Sturm schwenkte dann um, und ein starker NNO-Sturm drückte das Wasser in die Trave. Die Folge war eine schwere Überschwemmung von Teilen der Strandpromenade und des Priwallstrandes.
Der Fährbetrieb konnte zeitweise nur eingeschränkt laufen.
03.08.1997
Die Viermastbark PASSAT wurde mit Schlepperhilfe zur Flender-Werft nach Lübeck verholt und dort aufwendig renoviert. 7 Millionen DM kostete die Sanierung, wovon die Stadt Lübeck 6 Millionen und der Verein „Rettet die Passat“ 1 Million DM übernahmen.
16.05.1998
Begleitet von Hunderten von Segelbooten wurde die PASSAT nach ihrer Schönheitskur von Lübeck nach Travemünde begleitet und Tausende von Zuschauern bereiteten der Viermastbark eine triumphale Rückkehr an ihrem alten Liegeplatz im Priwallhafen, wo sie mit seewärtigem Bug festmachte.
22./23.09.2001
Zusammen mit dem „Passat-Chor“, der seinen 25. Geburtstag feierte, wurde der 90-jährige Geburtstag der PASSAT mit Tausenden von Gästen im Rahmen eines Volksfestes gefeiert.
2001
Im September beschloss die Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck den Verkauf der Parzellen der Wochenendhaus-Siedlung auf dem Priwall. Die Pächter hatten bis Ende 2012 Zeit, sich für einen Kauf zu entscheiden.
08.05.2002
Die Berufsbildungsstätte auf dem Priwall feierte ihr 50-jähriges Bestehen mit einem „Tag der Offenen Tür“.
12.07.2002
Nach der Eröffnung des Sandskulpturen-Parks „Sandworld“ auf dem Priwall an der Südermole entwickelte sich die Präsentation bis zum 25.08. zu einem großen Publikumserfolg. Dargestellt wurden u. a. Szenen aus der Geschichte der Hanse und Lübecker Bauwerke wie die Marienkirche und das Holstentor.
2003
Die neue Halle für die Bootsbauer auf dem Gelände der Berufsbildungsstätte auf dem Priwall wurde mit einer Feier festlich eingeweiht.
2004
Im August wurde die Holzstatue „Fiete“, eine vom Bildhauer Claus Görtz aus Holz geschnitzte 3 m hohe Skulptur, auf einem Dalben zwischen der PASSAT und der Südermole vom Verein „Rettet die PASSAT“ aufgestellt.
Das Priwall-Krankenhaus wird geschlossen. Dafür eröffnet 2005 die neue Sana Praxis-Klinik am Ortseingang von Travemünde am Dreilingsberg.
zusammengestellt von Wolf Rüdiger Ohlhoff 2014
zurück zur Übersicht Travemünde Geschichte