Travemünder Häuser Nr. 67
Torstraße 1
Zur Fortsetzung des Artikels über Travemünder Häuser wird an dieser Stelle die Rede zur Wiedereröffnung des Gesellschaftshauses am 09. Mai 2006 abgedruckt.
Ich begrüße den Bürgermeister der Hansestadt Lübeck, Herrn Bernd Saxe, den Bausenator der Hansestadt Lübeck, Herrn Peter Boden, die Direktorin der Muttergesellschaft Frau Peters-Hirt und sie meine Damen und Herren, die Geschichte des GVT können Sie alle in der Festschrift zum 150 jährigen Bestehen des Vereins aus dem Jahre 1998 nachlesen, die Geschichte dieses Hauses in der Januar-März Ausgabe von „Unser Travemünde“ aus dem Jahre 1993, um nun den Schritt zu einem eigenen Haus für den Gemeinnützigen Verein zu Travemünde zu verdeutlichen, gestatten Sie mir, dass ich etwas weiter aushole.
Unter dem Vorsitz von Helmut Wieck bemühte der Verein sich um die Anmietung des Gemeindehauses im Godewind und verhandelte mit dem Erwerber Otto Melchert.
Herr Melchert erwies sich nach Abschluss des Mietvertrages als äußerst großzügiger Vermieter und unterstützte den GVT in vielen Bereichen.
Nach dem Unfalltod von Herrn und Frau Melchert kühlte das herzliche Verhältnis merklich ab und der Erbe bot das Gebäude zum Verkauf an. Der Vorstand prüfte die Offerte und lehnte den Ankauf aus wirtschaftlichen Gründen ab.
Das Objekt fand einen neuen Besitzer und der GVT ging davon aus, dass eine Weiternutzung zu den von Herrn Melchert gemachten Konditionen auf lange Sicht nicht mehr gegeben sein würde und begann die Zukunft zu planen.
Etwa zeitnah gründete sich der Heimatverein und begann mit der Suche nach einem Gebäude für die Nutzung als Seebadmuseum. Die alte Vogtei wurde gemeinsam besichtigt und abgelehnt. Es fehlte ein entsprechend großer Saal für den GVT und die Kosten standen in keiner Relation zur späteren Nutzung. Zu diesem Zeitpunkt kam vom Heimatverein der Vorschlag, das Gesellschaftshaus zu erwerben und es gemeinsam zu nutzen.
Sicherlich erinnern Sie sich noch an die außerordentliche Mitgliederversammlung im November 2004, bei der dieses Projekt den Mitgliedern der Vereine vorgestellt wurde und die Mitglieder des GVT dem Vorstand Eigenmittel und Kreditaufnahme in Höhe von 800.000,00 (achthunderttausend) Euro genehmigten.
Die Zahlen, die zu diesem Beschluss führten, stammten vom Heimatverein und basierten auf Schätzungen. Der Vorstand des GVT trat nun in Verhandlungen mit mehreren Architekten, die einhellig zu dem Schluss kamen: „Für eine Umbausumme von 300.000,00 EURO ist dieses Projekt nicht zu realisieren.“ An dieser Stelle sei dem Architekten Ernst-Christian Fey für seine unkonventionelle, kostenlose Hilfe gedankt.
Zu diesem Zeitpunk sah es so aus, als ob der Traum vom eigenen Haus wie ein Luftballon zerplatzen würde.
Da GVT und die Raiffeisenbank als Verkäufer ähnliche Raumnutzungskonzepte planten, wurde beschlossen, dass der Verkäufer das Gebäude nunmehr gründlich untersuchen und eine Baugenehmigung beantragen sollte, die eine Entkernung und den räumlichen Umbau nach den Wünschen beider Parteien beinhalten sollte.
Bis zur Baugenehmigung wurden alle Kosten vom Verkäufer getragen. Nachdem die baugenehmigungsbedingten Auflagen vorlagen, wurde das Bauvorhaben ausgeschrieben.
Aufgrund dieser Ergebnisse genehmigte die Jahreshauptversammlung 2005 weitere 100.000 EURO und der Kauf wurde getätigt.
Herrn Dr. Heinz Kermel und Herrn Eberhardt Ziehn als Testamentsvollstrecker der Testamente von Minna Rubin und der Eheleute Görtz sei hier nachdrücklich noch einmal Dank gesagt. Ohne die großzügige Zuwendung aus diesen beiden Vermächtnissen wäre dieser Schritt nicht möglich gewesen.
Im September begannen die Bauarbeiten mit der Entkernung und der Dacheindeckung und gingen zügig voran.
Zwischenzeitlich löste der GVT sich aus seinem Mietvertrag im Melcherthaus. Der Vermieter tat sich mit einer weiteren Nutzung durch den GVT schwer und so wurde mit Hilfe der Travemünder Freiwilligen Feuerwehr und vielen freiwilligen Helfern des Vereines zwischen Weihnachten und Neujahr und Anfang Januar das Inventar und die Bücher in den mittlerweile fertig gestellten Keller der Torstraße 1 umgezogen.
Während des Umzugs rief der unermüdliche Herr Moll mich aufgeregt an und hatte vom Vormieter der Gaststätte Gesellschaftshaus erfahren, dass im Keller 3 bis 4 mal „Landunter“ sei und hier nichts eingelagert werden könne. Ein sofort geführtes Gespräch mit dem Gastwirt ergab, dass nicht etwa Sturm, Hochwasser in der Trave, Schneeschmelze oder andere Naturereignisse zu diesem Wasserstand geführt haben, sondern er immer nasse Füße bekommen habe, wenn er Korn aus dem Keller geholt habe. Fazit: Kein Korn im Keller – keine nassen Füße.
Wir haben den Hinweis dankbar aufgenommen und arbeiten an entsprechenden Vorkehrungen.
Während des Umzuges stellte sich heraus, dass die Hauben der Schiffsmodelle nicht transportabel waren und eine nach der anderen der Entsorgung zugeführt werden musste.
Willfried Moll und Edmund Abram haben die Vitrinen unter der Decke des Treppenhauses in Eigenleistung hergestellt, der Verein hat die Materialkosten getragen und so wurden erhebliche Kosten eingespart. Bei diesen Arbeiten wurde auch die Idee geboren, die beim Entkernen des Hauses vergessene Tür im Treppenhaus in eine Ehrentafel für Bürgerpreisträger und Vorsitzende umzuwandeln. Auch hier waren die Herren Abram und Moll eingebunden. Die künstlerische Gestaltung dieser Tafel wurde vom Atelier Regina Kröger und Katharina Fey kostenfrei übernommen.
Eine ebenso große Bereicherung des Gestaltungsteams war die Mitarbeit von Herrn Prof. Goden. Bühne, Bühnenbeleuchtung, Farbgestaltung, Raumaufteilung und Hilfe bei der akustischen Anlage waren seine maßgeblichen Impulse für dieses Haus. Diese Arbeiten und die damit verbundenen Kosten waren größtenteils nicht im Budget und sind eine Spende von Frau Renate Susemiehl.
Die Bühne auf der ich hier stehe meine Damen und Herren ist ein Geschenk der Familie Wieck und wurde von den Spenden aus dem Blumenverzicht bei der Beerdigung unseres Ehrenvorsitzenden finanziert. Gerne kommen wir dem Wunsch der Familie nach und stellen dieses mobile Element auch anderen Organisationen, insbesondere unseren Schulen zur Verfügung.
Viele helfende Hände von Vereinsmitgliedern und Travemündern haben dieses Haus sehr schnell fertig werden lassen, dabei sind natürlich auch die am Bau beteiligten Firmen und die Architekten Oldenburg und Thöl nicht zu vergessen. Besonders erwähnen möchte ich die Firmen Lüders, Meyer-Ivendorf und Elektro Stasch, die nach eigenen Angaben zum Selbstkostenpreis für Travemünde gearbeitet haben.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch die neunmalklugen Schlaumeier, die uns mit der Hand in der Tasche die Zeit gestohlen haben und alles besser wussten. Sie haben uns aber zum Nachdenken angeregt und zu schnellen Entscheidungen gezwungen, um Fakten zu schaffen und nicht Gefahr zu laufen, dass alles zerredet wird.
Den von der Familie Iven – Nordlandapotheke – für das Melcherthaus gespendeten Teppichboden haben wir nun hier im neuen Domizil verlegt. Herr Sell ist zum Handwerkerteam gestoßen und so wurde die Einrichtung der Bücherstube vorzeitig fertig gestellt und das Bücherstubenteam unter der Leitung von Frau Pachel und Frau Rose haben schon fleißig gearbeitet.
Ihr Gemeinnütziger Verein hat mit dem Kauf und Umbau dieses Gebäudes einen Schritt in die Zukunft getan. Dem Heimatverein stellen wir Räume für ein Seebadmuseum zur Verfügung, und hoffen, dass mit der Hilfe des GVT die Idee von einem Heimatmuseum schnell Gestalt annimmt und Bestand hat.
Über die weitere Nutzung dieses Hauses gab es nie Zweifel. Nahezu jede Gemeinde in Schleswig-Holstein hat ein Dorfgemeinschaftshaus und diesen Charakter soll unser Gesellschaftshaus auch bekommen. Musik und Kultur, Feste und Vergnügungen, Diskussionen und Versammlungen, Aufführungen und Ortsratssitzungen sind nur einige Beispiele für die Möglichkeiten der vielfältigen Nutzung.
Der GVT wird hier auch nicht als Alleinunterhalter auftreten sondern dieses Haus im Rahmen seiner Satzung verwalten und sicherlich auch mit einigen Veranstaltungen beleben.
Wenn heute im Fernsehen auf einer sonnendurchfluteten Wasserfläche eine mit frischem Grün bewachsene Insel auftaucht und ein Orchester die schönsten klassische Weisen anstimmt wissen die meisten Menschen: „Das ist Bierwerbung und nun kommt Fußball oder Motorsport!“ Wenn man aber fragt: „Und wie geht es Ihrem Nachbarn?“, erhält man die Antwort: „Den habe ich seit vier Wochen nicht gesehen.“
Spätesten jetzt ist es an der Zeit zu erkennen, dass die Mattscheibe nur kalt ist, ein lachendes oder ein weinendes Auge hinter einer warmen Hand aber Leben bedeutet. So fordere ich Familien, Vereine, Verbände und Organisationen dieses Ortes auf: „Erfüllen sie dieses Haus mit Leben!“
Damit dieser Wunsch in Erfüllung geht, gestatten Sie eine Anleihe bei unserer Hymne: …danach last uns alle streben, brüderlich mit Herz und Hand.
Ich danke Ihnen
Richard Schrader
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